Symbole für Höhen und Tiefen im Leben

Vier Kunstfenster des Malers und Glaskünstlers Johannes Schreiter in der Kirche Miesau in Dienst gestellt

Während der Festpredigt in der Kirche in Miesau: Christian Schad auf der Kanzel zwischen den neuen Schreiter-Kunstfenstern im Altarraum. Foto: view

Bruchmühlbach-Miesau. Schon der Bauernbarockstil macht die 1738 erbaute protestantische Kirche in Miesau zu einem besonderen Sakralbau. Nun wird sie durch den Einzug von Kunst geadelt. Neue symbolträchtige Bleiglasfenster, entworfen von dem international renommierten Glaskünstler Johannes Schreiter, umrahmen den Altarraum. In einem Festgottesdienst am Ostermontag mit Kirchenpräsident Christian Schad wurden sie feierlich eingeweiht.

Vier der fünf neuen Fenster haben ihren Platz in der Kirche eingenommen. Sie erinnern an die Kreuzigung und Auferstehung Jesu, erzählen von Mission und den Emmaus-Jüngern (Lukas 24, 13–35), deren Weg von Schmerz und Niedergeschlagenheit geprägt ist, sich jedoch in eine Strecke der Hoffnung wandelt, als sie in einem Fremden den auferstandenen Jesus erkennen. Ihre Geschichte stellte der Kirchenpräsident in das Zentrum seiner Predigt. „Die Wanderung der beiden Jünger dauert für uns ein Leben lang, führt durch Höhen und Tiefen. Dieses Gleichnis ist nun in Glas gebannt und soll wie der ganze Bilderzyklus einladen, uns hineinzuversenken.“

In Anlehnung an das Holz der Innenausstattung der Kirche hat sich der Maler und Glaskünstler Johannes Schreiter für warme Naturtöne entschieden, gepaart mit Weiß und schwarzen Linien, die im Kontrast zu dem teils hauchzarten Farbverlauf stehen. Abstrakte Kompositionen mit klaren horizontalen und vertikalen Verweisen, aber immer wieder durchkreuzt von Brüchen, „die das Leben mit sich bringt“, so der Künstler, der mit seiner Frau zur Indienststellung angereist war. So aussagekräftig und eindringlich die von ihm entworfenen und bis zum letzten Pinselstrich begleiteten Fenster sind, lassen sie dem Betrachter doch Raum für persönliche Interpretation. Der Blick geht frei auf Entdeckungsreise, findet Neues und entscheidet sich für eine eigene Sinngebung. Das gilt auch für das fünfte Fenster, das kurz vor der Fertigstellung steht und dann den Altarraum komplettiert.

Damit erfüllen die neuen Fenster nicht nur handfeste Zwecke, indem sie die Wärme halten und dem modernen energetischen Standard entsprechen. „Sie sind auch ein kostbares Stück Kultur“, hob Gemeindepfarrerin Ute Stoll-Rummel hervor, die die Liturgie leitete. „Kirche und Kultur haben eine besondere Beziehung, die spannend, wenn auch nicht immer spannungsfrei ist.“ Dabei solle nicht nur die Kultur des Wortes gepflegt werden. Auch der Musik, dem Gesang und der bildenden Kunst komme eine große Bedeutung zu, um den Missionsauftrag der Kirche zu erfüllen und in einer Allianz „alle unsere Sinne zu erreichen. Denn der Glaube will nicht ausdruckslos bleiben“. Deshalb sei es den Verantwortlichen ein Anliegen, dass neben der beherbergenden Architektur der Kirche auch die Fenster beredt und ansprechend sind.

Drei Monate hat Johannes Schreiter an den Entwürfen gearbeitet, weitere sieben Monate begleitete er die Herstellung der Fenster. Ein aufwendiger Prozess, der von den weltweit tätigen Derix-Glasstudios in Taunusstein ausgeführt wurde. Das Ergebnis ist eine lebendige Botschaft, mit der das einfallende Licht spielt und sie je nach Tageszeit in eine stets wechselnde Atmosphäre bettet.

Noch ist das Projekt nicht abgeschlossen. Denn auch die sechs Emporenfenster sollen erneuert und ebenfalls von Schreiter künstlerisch gestaltet werden. Doch dafür fehlt es noch an Geld. Ob die Spendenfreudigkeit anhält, bleibt abzuwarten. Immerhin hat sie es bereits zusammen mit Geldern der Dr.-Weisbrod-Russ-Stiftung und der Stiftung für Kultur in Rheinland-Pfalz auf etwa die Hälfte der ungefähr 150 000 Euro gebracht, die für die Fenster im Altarraum samt Schutzverglasungen fällig sind. Aller­dings ließ die große Besucherschar, darunter auch der Chef der Derix-Glasstudios sowie Vertreter aus Kultur, Kirche und Politik, keinen Zweifel daran, dass das Interesse an der Miesauer Kirche groß ist. fdj

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