„Die Kirche muss wieder hoffnungsfroher werden“

Marianne Wagner wird als erste geistliche Oberkirchenrätin eingeführt – Erfahrungen aus der Weltmission in die neue Aufgabe einbringen

Bleibt in Gimmeldingen Gemeindemitglied: Die neue Oberkirchenrätin Marianne Wagner (Zweite von rechts) mit Pfarrer Thomas Klein (rechts) im Turm der Laurentiuskirche bei der Einweihung des „Sternenwegs“ als Teil des Jakobspilgerwegs. Foto: LM

Munterer Kopf und meerweites Herz – so charakterisierte eine Pfälzer Pfarrerin im sozialen Netzwerk „Facebook“ Marianne Wagner im Juni nach deren Wahl zur ersten geistlichen Oberkirchenrätin der pfälzischen Landeskirche. Und wer die Glückwünsche für Wagner in „Facebook“ durchliest, gewinnt rasch einen Eindruck vom Profil dieser Theologin, die an diesem Sonntag in Speyer in ihr neues Amt als Nachfolgerin von Gottfried Müller eingeführt wird.

Neben deutschen Glück- und Segenswünschen wimmelt es da von englischen und spanischen Beiträgen. Sogar asiatische Schriftzeichen sind darunter – mit Grüßen aus der koreanischen Partnerkirche. In ihrem bisherigen Amt als Leiterin des Pfarramts für Weltmission im Missionarisch-Ökumenischen Dienst hat Marianne Wagner weltweit Kontakte und Freundschaften geknüpft. Sie lacht ihr helles, offenes Lachen: „Viele Menschen in der Landeskirche denken, ich sei immer nur im Ausland unterwegs.“ Doch das stimme nicht. Auch in der Pfalz habe sie viele Gemeinden besucht und Vorträge gehalten. „Ich weiß genau, wie meine Heimatkirche tickt.“

Dass sie gewählt wurde, habe sie selbst überrascht, sagt Wagner. Sie sei eigentlich davon ausgegangen, dass die Synode jemanden wolle, der etwas bürokratischer an die Dinge herangehe. Aber sie habe den Synodalen ihre Vision von Kirche und geistlicher Leitung anbieten wollen. Und für ihre Vorstellungen von einer Hoffnungskirche und einer Beteiligungskirche seien die Zuständigkeit fürs theologische Personal und die Perspektivarbeit genau richtig. Angst vorm Scheitern habe sie bei ihrer Kandidatur nicht gehabt. Wenn es nicht geklappt hätte, hätte der liebe Gott eben etwas anderes mit ihr vorgehabt. Wieder dieses fröhliche Lachen: „Klingt ziemlich fromm, gell? Aber so ist es doch!“

Vor allem ihre internationale Erfahrung will die 54-Jährige in ihr neues Amt einbringen. „Man soll mir anmerken, dass ich jemand aus der Mission bin.“ In keiner der pfälzischen Partnerkirchen sei das Gemeindeleben so pfarrerzentriert wie bei uns, sagt sie. Sie will, dass mehr Ehrenamtliche Verantwortung übernehmen und der Pfarrer so mehr Zeit hat, um seine geistliche Rolle zu spielen. „Wir müssen die Theologen stärken, um mit unserem biblisch-theologischen Menschenbild auf die Probleme der Zeit reagieren zu können.“ Um wieder mehr Menschen zu erreichen, müsse die Kirche hoffnungsfroher werden. „Niemand will in einer Organisation mitmachen, bei der es immer nur abwärts zu gehen scheint.“ Aber wenn sich Menschen gebraucht fühlten, dann kämen sie auch.

In der Vergangenheit habe die Kirche vor allem darüber nachgedacht, was sie sich von ihren Angeboten noch leisten könne, sagt Wagner. Sie müsse sich aber vor allem fragen, was ihr Auftrag sei. Und dann schauen, wie das am besten umgesetzt werden könne. „Wir dürfen auch Fehler machen, wenn wir Neues ausprobieren.“ Nur müsse die Kirche auch den Mut haben, diese Fehler dann einzugestehen und zu revidieren.

Marianne Wagner sieht eine ihrer wichtigsten Aufgaben darin, den Menschen in den Gemeinden für die notwendigen Veränderungen Mut zu machen. „Daher hat es keinen Sinn, Gemeinden oder Bezirke zu Fusionen zu zwingen.“ Die Menschen müssten selbst mitentscheiden, in welcher Form sie ihren Glauben leben wollten. Als schönes Zeichen wertet die neue Oberkirchenrätin, dass ihre erste Amtshandlung sie am 7. September mit den neuen Vikaren der Landeskirche zusammenbringt. Bei der Übergabe der Urkunden will sie den Nachwuchs ermutigen, fröhlich und hoffnungsfroh an die zukünftige Aufgabe zu gehen und den Menschen in den Gemeinden die Frohe Botschaft zu verkündigen, „dass aus dem Kreuz heraus Leben entsteht“.

Ihr eigenes Gemeindeleben wird auch als Oberkirchenrätin wie seit Jahren im Neustadter Ortsteil Gimmeldingen stattfinden. Sie ziehe nicht nach Speyer, sagt die gebürtige Nordpfälzerin. Das habe vor allem zwei Gründe. Der Sohn, der in Konstanz Jura studiert, soll seine gewohnte heimische Anlaufstelle behalten. Außerdem wäre sie in einer Speyerer Gemeinde von Anfang an die Frau Oberkirchenrätin. Das wolle sie nicht. Da bleibt sie doch auch im neuen Amt lieber die Marianne, die beim Kerweausschank im Gimmeldinger Pfarrhof hilft. Klaus Koch

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