Kirchengebäude sind zunehmend Ziel von Einbrechern

In der Regel werden Opferstöcke aufgebrochen und entleert – Viele Schäden auch durch Vandalismus – Versicherungen zahlen nicht alles

Sachschaden oft größer als die Beute: Aufgebrochene Tür an der Altriper Kirche. Foto: pv

Langfinger sind immer dreister auch in Kirchengebäuden zugange. Oft sind die Schäden durch Vandalismus größer als der Wert des Diebesguts. Um sich vor Einbrüchen zu schützen, installieren Kirchengemeinden auch schon einmal eine Handykamera.

Wie es die Diebe schafften, das riesige Kupferdach abzutransportieren, ist Pfarrer Frank Schuster ein Rätsel. Einige Jahre ist es nun schon her, dass Unbekannte das etwa zehn Meter lange und zwei Meter breite Dach mitgehen ließen, das den Glasgang zwischen dem Gemeindehaus und der protestantischen Lutherkirche in Neustadt abdeckte. „Die müssen doch mit einem Auto vor der Kirche an der viel befahrenen Straße geparkt haben“, wundert sich der Pfarrer, vor dessen Amtszeit der dreiste Raub passierte.Was Pfarrer Schuster und seiner Gemeinde zugestoßen ist, trifft immer wieder auch andere pfälzische Kirchengemeinden oder kirchliche Einrichtungen: Langfinger öffnen Spendenkästen in Kirchen. Einbrecher verschaffen sich Zugang zu Gemeinderäumen und lassen mehr oder minder Wertvolles mitgehen. Wie viele Diebestouren es im Bereich der Landeskirche in letzter Zeit gegeben hat, werde nicht zentral erfasst, informiert der Pressesprecher der Evangelischen Kirche der Pfalz, Wolfgang Schumacher. Auch auf welche Gegenstände die oft mit großer Zerstörungswut agierenden Räuber aus sind, lasse sich nicht generell sagen.

Das Bistum Speyer hat in den letzten drei Jahren eine leichte Zunahme an Einbrüchen verzeichnet, berichtet Bistumssprecher Markus Herr. Während im Jahr 2013 viermal in katholische Kirchengebäude eingebrochen wurde, waren es 2014 bereits zehn Fälle. Im vergangenen Jahr suchten Einbrecher zwölfmal Bistumseinrichtungen heim. In der Regel würden in den Kirchen die Opferstöcke aufgebrochen und entleert. In einzelnen Fällen sei auch ein Tabernakel aufgebrochen oder ein Altarkreuz gestohlen worden.

Eines scheint beim Klau in Kirchen konfessionsübergreifend klar zu sein: Es kommen vor allem Dinge abhanden, die den Dieben ein einträgliches Geschäft versprechen: Das Kupferdach der Neustadter Martin-Luther-Gemeinde hat einen hohen Materialwert, weiß Pfarrer Schuster. Auch Alexander Ebel, Pfarrer der protestantischen Kirchengemeinde in Altrip, stimmt ein Klagelied an: Im Mai vergangenen Jahres drangen Einbrecher nachts gewaltsam in seine Kirche ein. Möglicherweise mit einem Stemmeisen montierten sie den Spendenkasten für die Orgelsanierung ab.

Reich wurden die Täter des Altriper Kirchenklaus nicht. „Der Inhalt dürfte sich auf nicht mehr als zehn bis 20 Euro belaufen haben, der Kasten selbst kostete 150 Euro“, sagt Ebel. Fette Beute machten unbekannte Täter hingegen vergangenen Sommer bei einem weiteren Einbruch in die Altriper Kindertagesstätte. Aus dem Büro der Leiterin und den Räumen wurden vier Fotoapparate, ein Camcorder und Speicherkarten entwendet. Gesamtschaden inklusive Beschädigungen: rund 1500 Euro.

„Kleinere Vandalismusvorfälle haben wir übrigens regelmäßig“, zeigt sich Ebel entnervt. „Ich hätte mir nicht träumen lassen, dass ich als Gemeindepfarrer so oft mit der Polizei zu tun haben würde.“ Zuletzt habe jemand das Denkmal-Infoschild am Kirchturm herausgerissen und gegen das Kirchenfenster geworfen. Die Reparaturkosten von 1500 Euro blieben an der Kirchengemeinde hängen: Die Versicherung deckte nur die Schäden bei Einbruchsdiebstahl ab, nicht aber reine Vandalismusschäden, wie Ebel informiert.

Auch der Speyerer Dekan Markus Jäckle ist von Dieben geplagt. Zweimal sei in das Martin-Luther-King-Haus neben der Gedächtniskirche während des Ökumenischen Kirchentags im vergangenen Jahr eingebrochen worden – innerhalb von fünf Tagen. Die Sachschäden sind beträchtlich: Ein Fenster und alle Türen wurden beschädigt, eine Oberlicht-Glastrennwand zerschmettert. Die Instandsetzungskosten von 65 000 Euro habe die Versicherung zu zwei Dritteln ersetzt, berichtet Jäckle.

Um Einbrecher abzuschrecken, haben die Speyerer Protestanten im Eingang ihres Gemeindezentrums „die Lichtsituation verändert und am Aufgang und Eingang zum Dekanat eine Videokamera installiert“, berichtet der Dekan. Auch Pfarrer Frank Schuster aus Neustadt hätte in Zukunft am liebsten alle Diebe vom Hals: „Ich habe genug mit Bauschäden zu tun und brauche keine Einbrecher.“ Alexander Lang

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