Mein persönlicher Termin mit Gott

Pfarrer Wolfram Kerner bietet in Fußgönheim christliche Meditationsabende an – Ein Selbstversuch

Gott im Leben wahrnehmen: Meditationsmitte im Gemeindehaus Fußgönheim. Foto: pv

Fußgönheim. „Frieden“, „Frieden“. Immer wieder kehre ich in Gedanken zu „meinem“ heiligen Wort zurück, um nicht abzuschweifen mit meinen Gedanken, sie zur Ruhe kommen zu lassen. Doch der Effekt stellt sich anders ein als erwartet. Ich spüre, wie ich wegdämmere, kann im letzten Augenblick noch die Augen öffnen. Zugegeben, die Herausforderung der christlichen Meditation, die Pfarrer Wolfram Kerner unter dem Titel „Mystik Light“ seit dem Frühjahr im 14-tägigen Rhythmus im Gemeindehaus Fußgönheim anbietet, hatte ich unterschätzt.

15 Minuten Ankommen in der Stille, nach einer zehnminütigen Einführung zum Thema noch zweimal 20 Minuten Stille, unterbrochen nur von einer kurzen Pause. So ruhig werde ich sonst nur, wenn ich einschlafen will. Dabei gehe es bei der Meditation gerade um das Gegenteil: Still werden, nicht um der Gegenwart zu entfliehen und einzuschlafen. Sondern um wahrzunehmen, was im eigenen Leben los sei, wie andere Menschen einem selbst begegneten und schließlich, wo und wie Gott bereits längst gegenwärtig sei und wirke, erklärt Kerner. Er hat sich seit Jahren mit dem Thema christliche Meditation beschäftigt und sich – wenn er merkte, dass ihn der Alltag fordert – einen „persönlichen Termin mit Gott gemacht“, einige Minuten meditiert.

Um sein Wissen weiterzugeben, zeichnete Kerner für seinen Youtube-Kanal „Theologo“ (Wir berichteten in KIRCHENBOTE 17/2018, Seite 3) den zehnteiligen Online-Kurs „Meditation lernen in zehn Schritten“ auf. Er orientiert sich dabei an dem Buch „Praxis des Herzensgebets“ von Peter Musto und Andreas Ebert, die darin einen alten Meditationsweg neu entdecken. 2020 wird Kerner für Mitarbeiter der Landeskirche eine Fortbildung dazu anbieten.

Für meine Müdigkeit hat er eine einfache Erklärung. „Es könnte sein, dass dein Körper in so einem Fall eben Schlaf braucht.“ Tipps hat er dennoch für die zweiten 20 Minuten: Beim Ein- und Ausatmen jeweils abwechselnd ein Wort „denken“, beispielsweise „Jesus“ und „Christus“. Auch die Füße fest auf den Boden stellen, könne helfen.

Tatsächlich gelingt es mir mit den Worten, zumindest im zweiten Block nicht müde zu werden. Ganz ausblenden kann ich die umgebenden Geräusche, den Verkehr auf der nahen Straße, Flugzeuggeräusche und das Rauschen von Wasserleitungen nicht. Die Ebene des „reinen Bewusstseins“, die sich laut Meditationsexperten, so Kerner, jenseits des Unterbewusstseins befindet, erreiche ich dennoch nicht. Meditation sei Askese. Das Abtauchen an einer Stelle innerhalb des Flusses der Gedanken, wie es der Pfarrer schön illustriert, sei Übung, sagt Kerner. Und „einen Nutzen unmittelbar daraus ziehen“, erklärt der Pfarrer, sei auch gar nicht das primäre Ziel der christlichen Meditation. „Sie ist Zeit, die ich Gott schenke.“ Als ich am Ende mit den anderen Teilnehmern aus dem Gemeindehaus trete – nach der Meditation treffen sich einige regelmäßig zum geselligen Beisammensein beim Griechen einige Meter weiter – ist die Müdigkeit auf jeden Fall verflogen. Was nach einem langen Arbeitstag auch einmal ein schönes Gefühl ist. Florian Riesterer

Die nächsten Termine für Meditationsabende in Fußgönheim: Montag, 23. September, 14. Oktober, 28. Oktober, 20 Uhr, Evangelisches Gemeindehaus, Schillerstraße 10, www.theologo.org.

Meistgelesene Artikel