Gräber verraten nichts über den Glauben der Toten

Christliche Bestattungen auf dem Gelände des Diakonissen-Stiftungs-Krankenhauses laut Archäologe Ulrich Himmelmann nicht beweisbar

Mehr als 300 Bestattungen nachgewiesen: Das Gräberfeld auf dem Gelände der Diakonissen während der Ausgrabungen 2016. Foto: Landesarchäologie, Außenstelle Speyer

Viel Fingerspitzengefühl steckt in einer archäologischen Ausgrabung wie der auf dem Gelände des Speyerer Diakonissen-Stiftungskrankenhauses. Foto: Landry

Zwei Jahre nach dem Ende der archäologischen Ausgrabungen auf dem Gelände des Speyerer Diakonissen-Stiftungs-Krankenhauses bleibt weiter unklar, ob es unter den rund 300 Römergräbern auch christliche Bestattungen gibt. Schwierig sei es, die spätantiken Skelettfunde aus dem 4. Jahrhundert kulturgeschichtlich einzuordnen, sagte Ulrich Himmelmann, Leiter der Außenstelle Speyer der Landesarchäologie, im Historischen Museum der Pfalz Speyer bei der Präsentation der Grabungsergebnisse. „Wir wissen nicht, ob die Toten heidnisch oder christlich waren“, sagte der Archäologe.

Bei Erweiterungsarbeiten auf einem Gelände der Diakonissen waren Teile eines großen römischen Friedhofs mit mehreren tausend Erdbestattungen gefunden worden. Dabei erhofften sich Archäologen auch mögliche Informationen über das frühe Christentum in der Pfalz. Bisher ist der vor 100 Jahren gefundene „Brotstempel“ aus dem nordpfälzischen Eisenberg aus dem 4. Jahrhundert dafür der einzige Nachweis. Er ist in der Ausstellung „Valentinian I. und die Pfalz in der Spätantike“ im Historischen Museum bis 11. August zu sehen. Die Schau, die die Anfänge des Christentums in der Region streift, präsentiert auch Fundstücke aus dem Grab eines römischen Offiziers, das auf dem Diakonissen-Gelände freigelegt wurde.

Bis auf das Offiziersgrab gebe es bei den „Diakonissen-Gräbern“ keine Grabbeigaben, sagte Himmelmann. Auch die Tatsache, dass es sich bei den Römergräbern um keine Feuerbestattungen handele, lasse nicht automatisch auf eine christliche Tradition schließen: In der Römerzeit seien beide Bestattungsformen üblich gewesen. Spekulation bleibe, ob eine Ziegelgrabplatte mit Fischsymbolen christlichen Ursprungs sei. In römischer Zeit war der Fisch ein Symbol für Jesus Christus.

Bei dem Gräberfeld, das im 4. Jahrhundert außerhalb der Speyerer Stadtmauern an einer Römerstraße lag, seien auch Eisennägel gefunden worden, die auf Holzsärge hinweisen, sagte Himmelmann. Auch seien einige Tote wohl in Tücher gewickelt worden, zudem wurde ein Sandstein-Sarkophag mit den Überresten eines Kindes ausgegraben. Anthropologische Untersuchungen gäben Hinweise auf die Lebensumstände der damaligen Menschen, etwa ihre Ernährung, Krankheiten oder ihre Berufe, sagte der Archäologe.

Im frühen Mittelalter wurde der ehemalige Friedhof auf dem Diakonissen-Gelände mit Grubenhäusern überbaut, die landwirtschaftlich und handwerklich genutzt wurden. Das derzeit als Parkplatz genutzte Gelände der Diakonissen ist von der Stadt Speyer und vom Deutschen Roten Kreuz für den Neubau der Rettungswache vorgesehen. Zudem gibt es Überlegungen, auf der Fläche verschiedene Gesundheitsdienstleistungen anzubieten.

Himmelmann stellte zudem erstmals die aktuellen Grabungen in der Speyerer Engelsgasse in unmittelbarer Nähe des Museums vor. Bei städtischen Kanalarbeiten waren vor einem halben Jahr in knapp vier Metern Tiefe unter anderem die Reste von römischen und frühmittelalterlichen Gebäuden, eines Straßenpflasters und eines Brunnens entdeckt worden.                                              Alexander Lang

Das Historische Museum der Pfalz in Speyer hat jeweils dienstags bis sonntags, an Feiertagen auch montags, von 10 bis 18 Uhr geöffnet.

 

 

Meistgelesene Artikel