Klare Kante statt Lenkungswirkung

von Florian Riesterer

Florian Riesterer

Manchmal liegt das Gefühl von Hoffnung und Ernüchterung nah beieinander. So am vergangenen Wochenende. Weltweit ­protestieren die Menschen für das Klima. In Speyer ziehen mehr als tausend Menschen vom Altpörtel in Richtung Dom. Kinder, Schüler, Jugendliche, Erwachsene, Rentner. „So was hab’ ich hier noch nie gesehen“, sagt eine Speyererin. Gänsehaut. Viele kleine Schritte, die die Welt verändern.

Am Abend herrscht blanke Ohnmacht mit Blick auf die Mächtigen. Etliche Worthülsen, die vor ­allem eins verraten: An Einsicht mangelt es den meisten Politikern nicht. Aber an Mut. Wer keinen halbherzigen, sondern einen beherzten Schritt in Richtung Klimarettung tut, könnte ja vielleicht jemandem wehtun damit. Und damit sich am Ende selbst schaden. Haben es die Grünen nicht vorgemacht mit dem ­Veggie-Day? Hat Angela Merkel nicht die ­politische Quittung kassiert für ihr beherztes Eingreifen im Herbst 2015? Verfolgt die SPD die Agenda 2010 nicht bis heute?

Wer nichts tut, kann in Richtung Zukunft nichts falsch machen, klingt es zwischen den Beteuerungen des Klimakabinetts heraus. Ein Irrtum. Auf Klima- wie auf Wählerseite. Das zeigen Protestwähler, Demonstranten und Bauern mit miserabler Ernte im Dürresommer nur zu gut. Bleibt nur zu hoffen, dass es zumindest auf kommunaler Ebene künftig Köpfe gibt, die sich selbst etwas zutrauen in klimapolitischer Hinsicht – beim Erschließen von Baugebieten, bei der Verkehrsplanung. Und vielleicht auch einmal das böse Wort vom Verbot in den Mund nehmen. Das Klima nur dem guten Willen einer – wenn auch motivierten – Minderheit zu überlassen, ist viel zu wenig. Klare Kante jetzt statt Lenkungswirkung irgendwann.

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