Eine Schande für die internationale Politik

von Hartmut Metzger

Hartmut Metzger

Es gibt einen alten, bitterbösen Witz, der die Lage der Palästinenser in seiner gedanklichen Tiefe aber besser auf den Punkt bringt als mancher lange Kommentar. In seiner ­angesichts des neuen US-Präsidenten aktualisierten Fassung könnte er etwa so lauten: Netanjahu sagt im Beisein von Trump zu ­Putin: „Wir bringen 10 000 Palästinenser um – und einen Zahnarzt.“ Putin erstaunt: „Weshalb den Zahnarzt?“ Netanjahu zu Trump: „Ich hab’s doch gesagt, nach den ­Palästinensern fragt keiner.“ Die Vertreibung und militärische Kontrolle des palästinen­sischen Volks ist auch 70 Jahre nach der Gründung des Staates Israel eine Schande für die internationale Politik.

Mehr als 60 tote Palästinenser im Gazastreifen in den Tagen um die Feierlichkeiten zur Staatsgründung sind ein beredtes Zeugnis dafür, dass in 70 Jahren nichts besser, aber vieles schlechter geworden ist. Was ­früher extrem-radikale Positionen waren, ­bestimmt heutzutage die Debatten der Knesset: ­aggressive Siedlungspolitik selbst gegen den Willen der USA, das Ziel der Vertreibung der Palästinenser aus ihrem Land und die ­Demonstration militärischer Stärke gegenüber den arabischen Nachbarstaaten.

Die israelische Regierung fiel aus parteitaktischen Gründen vor den ultraorthodoxen Juden auf die Knie. Die Ultraorthodoxen bestimmen inzwischen nicht nur das religiöse Leben in Israel. Sie treiben die Politik vor sich her. Wegen ihrer hohen Geburtenrate werden sie bald ein Drittel aller Israelis ­stellen, sich weiterhin vom Staat unterhalten lassen, aber den produktiven jüdischen und arabischen Israelis die Grenzen setzen. Schon heute fahren am Sabbat keine Busse und Bahnen mehr. Mit einer gespaltenen ­Gesellschaft wird Israel unberechenbar.

Meistgelesene Leitartikel & Kommentare