Die Schöpfung hat jetzt endlich Priorität

von Klaus Koch

Klaus Koch

Schau an, die Europäer sind besser als ihr Ruf. Die Wähler haben mit einer bemerkenswert hohen Wahlbeteiligung den politischen Institutionen des Kontinents den Rücken gestärkt. Sie wissen, dass den weltweiten Verwerfungen nur gemeinsam begegnet werden kann. Das Wahlergebnis ist durchaus kompliziert. Aber klar ist auch: Rassisten, Nationalisten und Populisten können die Arbeit in Brüssel und Straßburg nicht blockieren.

Die Wähler haben zudem die Prioritäten verschoben. Den Menschen dämmert endlich, dass alles politische Handeln letztlich sinnlos bleibt, wenn dabei die Erde zugrunde gerichtet wird. Der bemerkenswerteste Kommentar zum europäischen Wahler­gebnis kommt denn auch vom Grünen-
Geschäftsführer Michael Kellner. Auf die Frage, ob er nicht Angst habe, dass sich jetzt alle Parteien auf den Klimaschutz stürzen und seiner Partei das Wasser abgraben, sagte er, dass Klimaschutz für eine Partei, ja sogar für eine ganze Generation zu groß sei. Da müssten schon alle mitmachen.

Und da kommen dann auch die Kirchen ins Spiel. 36 Jahre ist es her, dass der Ökumenische Rat der Kirchen in Vancouver zur Bewahrung der Schöpfung aufrief. Selbst innerhalb der Kirchen wurde dieser sogenannte konziliare Prozess gelegentlich als Spielwiese naiver Weltverbesserer abgetan. Doch spätestens jetzt steht das Heilen der Welt und die enge Beziehung allen Lebens auf diesem Planeten zueinander ganz oben auf der Tagesordnung. Das ist eine Chance für die weltweit gut vernetzten christlichen Kirchen. Sie sollten versuchen, im politischen Streit über die notwendigen Maßnahmen gegen den Klimawandel einen geistlichen Überbau zu bieten, unter dem sich viele, auch widerstrei­tende Interessen versammeln können.

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