Streit gehört zur Demokratie

von Klaus Koch

Klaus Koch

Jetzt geht das wieder los. In einem Jahr ist Bundestagswahl, und die Parteien beginnen mit dem Wahlkampf. Die Töne im politischen Betrieb werden schriller, Politiker mäkeln verschärft am politischen Konkurrenten ­herum. Es werden Schuldige gesucht für die Fehler der vergangenen Jahre, und es wird um den richtigen Weg für die nächsten Jahre gestritten. So mancher Wahlbürger rollt ­resigniert die Augen: Da hat unsere Gesellschaft so große Probleme, und den Parteien fällt nichts besseres ein als Streit. Doch diese Sicht auf die politischen Dinge ist falsch.

Wer Demokratie will, muss Streit wollen. Doch im Wahlvolk herrscht vor allem Sehnsucht nach Harmonie. Alle demokratischen Kräfte sollen sich zusammentun und die Probleme lösen. Aber es gibt die eine richtige Lösung nicht. Da ist es in der Politik nicht anders als in der Religion. Wer sich im Besitz der alleinigen Wahrheit wähnt, kann Andersdenkende und Andersglaubende nicht mit Toleranz begegnen, kann nicht gleich­berechtigt diskutieren. Politisch führt das in eine ideologieverbrämte Diktatur, religiös in unduldsamen und engstirnigen ­Fundamentalismus.

Statt sich über den Zwist in der Politik zu ärgern, sollten die Bürger über ein vielfältiges politisches Angebot froh sein. In Zeiten einer Großen Koalition wird eher zu wenig als zu viel um den richtigen Weg gerungen. Das Wort „alternativlos“ ist in einer Demokratie gerade kein ausreichendes Argument, um Politik zu begründen. Es muss immer eine Alternative geben, damit der Wähler wirklich entscheiden kann. Deshalb sollten die Bürger interessiert und informiert ­hinhören, wenn Politiker streiten, auch wenn beim intellektuellen Niveau dieser ­Debatten oft noch Luft nach oben ist.

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