Wahlkampf der Entgleisungen

von Martin Schuck

Martin Schuck

Folgender Witz kursiert über Donald Trump, den Präsidentschaftskandidaten der Republikanischen Partei in den USA: Auf die Frage, ob er am Vietnamkrieg teilgenommen habe, antwortet Trump: „Natürlich nicht, sonst hätten wir ja gewonnen.“ Bringt dieser Witz einerseits die notorische Selbstüberschätzung Trumps auf den Punkt, so nennt er andererseits das Thema, bei dem der Kandidat viele Sympathien verloren hat: Es ist seine Missachtung der patriotischen Gefühle, die viele Amerikaner im Blick auf die Teilnahme an Kriegseinsätzen pflegen.

Trump selbst hat sich als junger Mann, genau wie der gleichalte Bill Clinton, vor einem Einsatz in Vietnam gedrückt. Das schafft ihm zwar in der amerikanischen Öffentlichkeit keine Pluspunkte, schadet aber dann nicht, wenn er den Einsatz anderer anerkennt. Als er jedoch abfällige Bemerkungen über ein aus Pakistan stammendes Ehepaar machte, das auf dem Parteitag der Demokraten an seinen 2004 im Irakkrieg gefallenen Sohn erinnerte, drehte sich der Wind gegen ihn. Seither gehen seine Umfragewerte nach unten.

Seine Gegenkandidatin Hillary Clinton steht vor dem Zwang, daraus Kapital zu schlagen. In den drei Monaten bis zur Wahl muss es ihr gelingen, die Anhänger ihres vormaligen parteiinternen Gegners Bernie Sanders für sich zu gewinnen. Mit ihrem Ruf als Kandidatin der Wallstreet ist das kein Selbstläufer, denn es dürfte ihr schwerfallen, dessen eher linke sozialpolitische Agenda glaubhaft zu erfüllen. Da man sich hierzulande kaum vorstellen kann, wie unbeliebt Hillary Clinton in großen Teilen der amerikanischen Bevölkerung ist, sind noch einige verbale Entgleisungen Trumps gegen Clinton zu erwarten – auch, um vom eigenen drohenden Niedergang abzulenken.

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