Der banale Terror vorm Fußballstadion

von Martin Schuck

Martin Schuck

Nach den Terrorattacken in Paris durch Islamisten grassiert in Frankreich die Angst vor Anschlägen während der Fußball-Europameisterschaft. Obwohl diese Bedrohung keinesfalls beseitigt ist, hat ein anderer viel banalerer Terror das Turnier im Griff: brutale Schlägereien vor und in den Stadien mit vielen Verletzten schon während der ersten Spiele. Und es betrifft eben nicht nur gewaltbereite Fans, sogenannte Hooligans, die sich untereinander und mit Polizisten Straßenschlachten liefern; auch unbeteiligte Menschen werden zu Opfern. „Was wir hier gestern Abend erlebt haben, das war Bürgerkrieg“, urteilten Passanten am Tag nach dem Spiel England gegen Russland.

Obwohl die Europäische Fußball-Union der englischen und russischen Nationalmannschaft nach den Krawallen mit Turnierausschluss droht, gibt es keinen Grund, dort die einzigen Schuldigen zu suchen. Auch deutsche Schläger lieferten sich in Lille Kämpfe mit Gruppen aus der Ukraine.

Schaut man auf die Geschichte des Fußballs, ist es fast schon eine Ironie, dass ausgerechnet dieser Sport seit einigen Jahrzehnten regelmäßig von Krawallen und Schlägereien begleitet wird. Als sich der Fußball im 19. Jahrhundert aus ersten Schul- und Universitätsmannschaften heraus entwickelte, war es seine zivilisierende Wirkung, die ihn in der englischen Gesellschaft schnell beliebt machte. Leitbild war der „Gentleman“, der sich in einem fairen Kampf, und eben nicht in einer wilden Schlägerei, mit den Gegnern messen will. Dieser Sportsgeist hat Fußball fast überall auf der Welt so beliebt gemacht. Es tut dem Fußball deshalb nicht gut, wenn die Fairness auf das Spielfeld beschränkt bleibt und drumherum der Straßenterror herrscht.

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