Gauck und die Würde des Amtes

von Klaus Koch

Klaus Koch

Joachim Gauck hat Deutschland erneut ­einen Dienst erwiesen. Er hört als Bundespräsident auf. Sicher kein leichter Schritt für den keineswegs uneitlen Präsidenten. Umso mehr Respekt verdient Gauck, dass er auf dem Höhepunkt seines Ansehens und seiner Beliebtheit bei den Deutschen Schluss macht. Obwohl er für sein Alter sehr kraftvoll wirkt, wollte er nicht bis zum 82. Lebensjahr weitermachen. Gauck hat große Reden gehalten. Vor allem über sein Lebensthema Freiheit. Und einer seiner größten Verdienste war gewiss, dass er nach dem ­irritierenden Abgang Horst Köhlers und dem unwürdigen Gezerre um Christian Wulff dem Amt des Bundespräsidenten wieder die nötige Würde zurückgegeben hat.

Von dieser Würde des Amtes wird in der nächsten Zeit wahrscheinlich wenig zu merken sein. Die Parteien sind nervös, weil die Bundespräsidentenwahl im kommenden Jahr kurz vor der Bundestagswahl stattfindet. Da ist viel Platz für Spekulationen. Gibt es einen rot-grün-roten Kandidaten oder einen der Großen Koalition? Einigen sich gar CDU und Grüne? Was macht die FDP? Jede Konstellation könnte als Signal für eine Koalition nach der Bundestagswahl gedeutet werden.

In einer Demokratie ist es legitim, bei Personalentscheidungen auch parteipolitische Interessen einzubringen. Dabei sollte jedoch nicht die Qualität einer Kandidatin oder ­eines Kandidaten aus dem Blick geraten. Gauck jedenfalls hat bewiesen, dass auch ein politischer Quereinsteiger das Amt ausfüllen kann. Es muss also kein altgedienter Parteisoldat sein, der gerade in irgendein Machtkalkül passt. Gerade in diesen schwierigen Zeiten wäre ein besonnener, kluger und weltoffener Mensch im Schloss Bellevue für Deutschland besonders wichtig.

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