Ein Lehrstück aus Österreich

von Klaus Koch

Klaus Koch

Die beiden großen Parteien in Österreich erleben gerade ein Lehrstück. Da die rechten Populisten in dem Land immer mehr Zulauf hatten, näherten sie ihre Positionen an die der FPÖ an. Die Hoffnung, dadurch Wähler zurückzugewinnen, erfüllte sich dadurch natürlich nicht. Im Gegenteil: Da ausgerechnet die Sozialdemokraten in Teilen das taten, was die sogenannten Freiheitlichen schon immer forderten, wurden deren Positionen geadelt, und die Anhänger, die noch letzte Zweifel hatten, wurden bestärkt.

SPD und CDU können davon viel lernen. Es hilft nicht, den AfD-Positionen hinterherzulaufen, und es hilft nicht, die Partei und ihre Anhänger pauschal in die politische Schmuddelecke zu stellen, den Diskurs zu verweigern und sie so zu Polit-Märtyrern zu machen. Sicher, die AfD lebt von den Ängsten der Menschen, indem sie diese schürt. Ihre Argumentation ist haarsträubend, oft unmenschlich und selten logisch. Dennoch ist sie Teil der vielfältiger werdenden politischen Landschaft in Deutschland. Das muss einem nicht gefallen, aber es ist unsinnig, es zu ignorieren. Deshalb ist auch die Entscheidung des evangelischen Kirchentags richtig, die AfD nicht pauschal auszugrenzen.

Gegen die nachlassende Bindung der Menschen an Parteien und Institutionen hilft nicht Abschottung unter immer weniger Gleichgesinnten, sondern nur verstärkte Kommunikation in die Gesellschaft hinein. Wenn die Menschen an der Wahlurne nach Stimmung entscheiden, darf die Mitwirkung der Parteien an der politischen Willensbildung nicht darin bestehen, die gerade herrschende Stimmung zum Programm zu erheben. Die Parteien müssen vielmehr versuchen, gute Stimmung für ihre politischen Positionen zu erzeugen.

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