Todsünden siegen über Gerechtigkeit

von Klaus Koch

Klaus Koch

Wer als Normalbürger eine höhere Besteuerung der Superreichen fordert, sieht sich rasch dem Vorwurf einer Todsünde ausgesetzt: Neid! Noch immer scheint es in Teilen der Gesellschaft akzeptiert zu sein, dass der schummelnde Hartz-IV-Empfänger als übler Sozialschmarotzer gilt, während der Reiche, der sich, legal oder illegal, arm rechnet oder Geld versteckt und so Steuern spart, als cleverer Geschäftsmann bewundert wird. Doch die Luft für Steuersünder ist dünner geworden. Schon die Schweizer Steuer-CDs haben den Geldadel nervös gemacht. Und nun auch noch die Panama-Papiere.

Für Laien ist kaum nachvollziehbar, was da geschieht, wie da Firmen, Gelder, Villen und Yachten verschoben und vertickt werden. Und doch wird das Beben, das 400 Journalisten aus 80 Ländern ausgelöst haben, noch lange nachwirken. Staatenlenker und Sportler, Terroristen und Unternehmer, sie alle haben für ihr Kapital eine eigene Welt geschaffen. Eine Welt fürs mobile Geld, eine Welt ohne jegliche Moral, deren Triebfeder auch eine der Todsünden ist: Gier!

Doch das Erschütternde ist, dass dieses weltweite Beben wahrscheinlich wenig Konsequenzen haben wird. Zwar leiden mit Ausnahme von Steueroasen wie eben Panama, Schweiz, Luxemburg oder die Cayman Islands fast alle Staaten der Welt unter Steuerflucht. Dadurch fehlt nahezu überall Geld für bessere Bildung, mehr soziale Sicherheit und eine vernünftige Infrastruktur. Aber dennoch ist weltweit der politische Wille, gemeinsam gegen Steuerkriminalität vorzugehen, nur gering ausgeprägt. So herrschen wohl auch weiterhin auf der einen Seite der Neid und auf der anderen die Gier. Keine Chance gegen diese Todsünden hat offensichtlich eine ­Kardinaltugend: die Gerechtigkeit!

Meistgelesene Leitartikel & Kommentare