Che Guevara zeigt den Stones die Zunge

von Hartmut Metzger

Hartmut Metzger

Es gibt wohl keine Bilder der Jugendkultur, die so sinnfällig, so langlebig und so verbreitet sind wie das berühmte Porträt des südamerikanischen Revolutionärs Che Guevara und die rote Zunge als Markenzeichen der Rolling Stones. Che Guevara, bis heute in Kuba als Staatsheiliger verehrt, war neben Fidel Castro die treibende Kraft der 1959 siegreichen Revolution. Drei Jahre später entstand mit den Stones die erfolgreichste Rockband aller Zeiten. Jetzt an Ostern und wenige Tage nach dem Staatsbesuch Obamas kamen sie bei einem beispiellosen Rockkonzert in Havanna zusammen – und Che Guevara streckte den Rolling Stones, jedenfalls auf den Transparenten, die Zunge raus.

Es gibt wohl keine Welten, die gegensätzlicher sein könnten als jene des in Argentinien geborenen Revolutionärs und die der inzwischen ergrauten englischen Rockband. Guevara kämpft in Kuba, in Afrika und zuletzt in Bolivien gewalttätig mit der Waffe in der Hand für seine Ideen. Die Stones rebellieren auf den Bühnen für Ehre, Ruhm und Geld – und kämpfen mit den Drogen. Sie könnten unterschiedlicher nicht sein und sind dennoch Symbole einer rebellierenden Jugend.

Das kleine Kuba und sein übergroßer Nachbar spielen derweil Katz und Maus: blutige Konflikte und gescheiterte Attentate. Nach der peinlichen CIA-Blamage in der kubanischen Schweinebucht und der Stationierung sowjetischer Raketen steht die Welt 1962 am Rand eines Atomkriegs. Der Staatsbesuch Obamas in Havanna darf mit Fug und Recht als historisch bezeichnet werden, der Auftritt der Rolling Stones auch. Nur 180 Kilometer südlich der Küste der USA kann Mick Jagger vor 500 000 Konzert­besuchern in Havanna sagen: „Ich glaube, endlich ändern sich die Zeiten.“

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