Wir kommentieren keine Landtagswahl

von Hartmut Metzger

Hartmut Metzger

Wir stellen höchstens dreiste Fragen. Die Wahlbeteiligung ist in Rheinland-Pfalz von 61,8 Prozent im Jahr 2011 auf 70,4 Prozent am vergangenen Sonntag angestiegen. Das klingt zunächst erfreulich. Ist dieser Anstieg aber tatsächlich ein Gewinn für die parlamentarische Demokratie, wenn die meisten der bisherigen Nichtwähler für die AfD votierten? Eigentlich doch schon. Aber nur, wenn überzeugte Demokraten das Gespräch mit dieser bis dato ausgegrenzten „Schmuddel-Partei“ suchen, die das eigene Profil ja nur selbst im Ausgrenzen von bereits Ausgegrenzten sucht.

Kirchenpräsident Christian Schad hält in politischer Hinsicht unbeirrbar Kurs, wenn er sagt, dass die AfD nun zeigen muss, dass Parolen und Protest nicht Parlament und Argument ersetzen können. Selbstverständlich darf aus christlicher Sicht rund 85 Prozent der Wähler dafür gedankt werden, dass sie mit ihrer Wahlentscheidung menschenfeindlichen, rassistischen und diskriminierenden Äußerungen widersprochen haben. Aber der ungeliebte Rest ist nicht nur in den Reihen der AfD zu suchen. Wie überzeugen wir ihn, in die Mitte der Gesellschaft zurückzufinden?

Schaffen wir das? Ja, wir schaffen das! Aber nicht nur mit immer gleich besetzten Talkshows und politischen Parolen. Dafür werden handfeste sozial-, wirtschafts- und finanzpolitische Reformen erforderlich sein. Zu weit aufgegangen ist inzwischen die Schere zwischen Armut und Reichtum in Deutschland. Die ungerechte Verteilung der Güter und die zunehmend ungleichen Bildungschancen sind der Sumpf, der solche Wahlergebnisse gedeihen lässt. Das Flüchtlingsdrama und das Chaos geben dafür nur die geeigneten Bilder ab. Ist es nicht ein Glück, dass wir ­keine Landtagswahl kommentieren?

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