Deutschland ist Bittsteller geworden

von Klaus Koch

Klaus Koch

Es ist gut, wenn eine Regierungspartei in einer Krise Handlungsfähigkeit beweisen will. Es ist schlecht, wenn sie damit vom eigentlichen Problem ablenkt. Kaum ist das sogenannte „Asylpaket II“ beschlossen, legt die CDU neue Pläne zum Umgang mit Flüchtlingen vor. Längere Schulpflicht, Ausnahmen beim Mindestlohn und höhere Hürden für ein unbefristetes Aufenthaltsrecht zählen zu den Maßnahmen. Und wie nicht anders zu erwarten, geraten die Vorschläge sofort in den Parteienstreit. Dabei ist es egal, ob die Vorschläge vernünftig sind oder nicht, ob sie umgesetzt werden oder nicht: Sie lösen allesamt nicht das Problem.

Das wissen natürlich auch die Politiker. Unmittelbar vor wichtigen Landtagswahlen geht es ihnen vor allem darum, den Eindruck zu vermitteln: Wir tun was. Doch es bringt nichts, wenn ein Flüchtling für 7,50 Euro arbeitet. Vor allem dann nicht, wenn ein Deutscher wegen des einen Euros weniger den Job nicht bekommt. Wenn die wirtschaftlich Schwachen in Deutschland das Gefühl bekommen, sie werden auf Kosten der Flüchtlinge abgehängt, wird die innenpolitische Lage noch brenzliger.

Die neuen Vorschläge dienen denn auch mehr dazu, von der völlig veränderten Rolle Deutschlands in Europa abzulenken. Noch vor wenigen Monaten lehnte Deutschland es kategorisch ab, Flüchtlinge nach festen Kontingenten über Europa zu verteilen. Damals waren aber auch nur Italien und Griechenland wirklich von dem Problem betroffen. Nun, da Deutschland selbst der Hauptleidtragende ist, wirbt es landauf, landab vergebens für Kontingente. Deutschland ist binnen kurzer Zeit vom europäischen Hauptakteur zum Bittsteller geworden. Davon können auch Gesetzesinitiativen nicht ablenken.

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