Tipps zum Geschichten erzählen

Jochem Westhof
Jochem Westhof

von Jochem Westhof

Kinder lieben Geschichten. Wenn wir erzählen, dann sind sie ganz Ohr. In ihrer Fantasie gehen sie in fremde Welten, nichts ist mehr unmöglich. Sie sind eine Prinzessin am Königshof oder sie reiten auf Zauberdrachen durch die Lüfte. Wenn wir biblische Geschichten erzählen, dann gehen sie mit Abraham durch die Wüste, sie hören wie Gott zu Mose redet und staunen, wie Jesus Blinde heilen kann. Sie müssen nicht alles verstehen, aber mehr als wir Erwachsenen erleben sie Gefühlswelten und sind erleichtert, wenn am Schluss alles in Ordnung gekommen ist. Sie bilden ihre Wertvorstellungen durch Geschichten aus – „wenn ich groß bin, dann werde ich so wie der Martin, der den Mantel teilte“. Sie lernen, dass Mut und Vertrauen ihren Sinn haben und zum Erfolg führen können.

Was für eine wunderbare Möglichkeit, den Kindern so viel mitzugeben – sozusagen ganz nebenbei, beim Erzählen von Geschichten.

Allerdings sollten es auch schöne Geschichten sein, die nicht nur einfach von einer heilen Welt berichten. Kinder sind ja nicht dumm und sie erkennen schnell, ob sie ernst genommen sind oder die Geschichten ihnen etwas vorgaukeln. Geschichten der Bibel erzählen vom Leben in all seinen Facetten, sie verschweigen nicht die Schattenseiten, aber sie zeigen auch immer wieder den Ausweg, die Umkehr, die Erlösung. Sie bringen Gott ins Spiel und sind damit unendlich wertvoll, sie schärfen den Sinn für Liebe und Gerechtigkeit und zeigen auch, dass es Unerklärliches und Geheimnisvolles im Leben gibt. Ich muss als Erwachsener nicht alles in den Geschichten verstehen – wer versteht schon alles? Sie haben Generationen vor uns getröstet und gestärkt. Deswegen gehören gute Kinderbibeln zum Leben dazu wie das Rechenbuch für das Schulkind.

Wer Geschichten liebt, wird sie auch immer wieder selber erzählen. Jeder kann erzählen! Was uns bewegt, was wir erlebt haben, was uns Sorgen macht – alles erzählen wir immer wieder. Es muss keine perfekte Formulierung und keine professionelle Sprachmelodie sein, wenn wir unseren Kindern die Gute-Nacht-Geschichte erzählen. Es muss vom Herzen kommen. Und große Kinderaugen schauen noch heute die Großmütter an, wenn sie erzählen, was sie alles erlebt haben in ihren eigenen Kindertagen.

Wer selber erzählt, tut es aus Freude an der Geschichte. Er vermeidet die „Moral von der Geschicht“ und den erhobenen Zeigefinger. Er vermeidet auch die Ersatzerzähler – den CD Spieler und das Fernsehgerät. Von dort geht keine Herzenswärme aus und man kann sich dort auch nicht ankuscheln. Man kann auch nicht nachfragen, wenn etwas ängstigt.

Aber ein Mensch, der sich Zeit nimmt für die Geschichte, der ist ein Schatz für jedes Kind, der stärkt die Seele und schenkt den Kindern, was in den meisten Bildungsplänen übersehen wird: Fantasie, Zuversicht und Glauben.

Jochem Westhof ist ehemaliger Referent für Kindergottesdienst in der Nordkirche. Inzwischen im Ruhestand, bietet er weiter entsprechende Seminare an.