Synode sucht den festen Grund

von Hartmut Metzger

Hartmut Metzger

Die Synode hat getagt. Die Synode hat entschieden. Sie hat mit einer geradezu überwältigenden Mehrheit die 53-jährige Kirchenjuristin Bettina Wilhelm (bei drei Gegenkandidaten im ersten Wahlgang!) zur Nachfolgerin von Oberkirchenrat Dieter Lutz gewählt. Sie hat bereits im dritten Wahlgang (mit hauchdünner Mehrheit) Oberkirchenrätin Dorothee Wüst zum Nachfolger von Kirchenpräsident Christian Schad bestimmt. Aber beide Wahlen sind nicht zu vergleichen.

Bei der Wahl der Kirchenpräsidentin geht es mehr als bei allen anderen Wahlen um die Zukunft der pfälzischen Landeskirche, um eine Richtungs- und Hoffnungsanzeige in einer aktuell als besonders belastend empfundenen Krisensituation. Die drei Kandidaten und die 68 Synodalen haben es immer wieder erkennen lassen: Die sinkenden Mitgliederzahlen, der gesellschaftliche Bedeutungsverlust und die schrumpfende Finanzkraft nagen am kirchlichen Selbstwertgefühl.

Die Synode hat sich daher für den festen Grund entschieden: für die gestandene Gemeindepfarrerin, Dekanin und Oberkirchenrätin Dorothee Wüst, die mit beiden Füßen fest auf pfälzischem Boden steht. Sie votierte für eine Frau, die ihre Vision einer Kirche mit Zukunft glaubhaft vermitteln konnte, die als kluge Theologin geschätzt wird und auch kirchenpolitisch bestens verankert ist.

Die Synode wollte keine Experimente – weder strukturell noch spirituell. Sie entschied sich nicht für Albrecht Bähr, den smarten Manager der Diakonie. Sie votierte nicht für Marianne Wagner, die fromme Oberkirchenrätin aus der Welt der Mission. Beide sind der Synode gut bekannt und haben die Wege und Ziele im Falle ihrer Wahl offen und klar benannt. Insofern war diese Wahl tatsächlich transparent und synodal. Das ändert auch nicht die knappe Entscheidungsmehrheit im dritten von fünf möglichen Wahlgängen, die in einer vierten Abstimmung schon deutlicher ausgefallen wäre.

Ab 1. März 2021 ist nun Dorothee Wüst die Chefin am Domplatz 5 in Speyer. Kirchenpräsident Christian Schad ist dann im Ruhestand und Wüsts Nachfolger als Oberkirchenrat bereits gewählt. Immer wieder dienstags sitzen mindestens vier Frauen und ein Mann am großen runden Tisch: zwei juristische (Karin Kessel und Bettina Wilhelm) und drei theologische Oberkirchenräte (Marianne Wagner, Manfred Sutter und ein N.N.) sowie die Kirchenpräsidentin. Sie bilden die Kirchenleitung.

Dieser Landeskirchenrat hat sich in seiner Zusammensetzung seit 1998 gewaltig verändert. Damals wurde mit Karin Kessel die erste Juristin zur Oberkirchenrätin gewählt – wie Bettina Wilhelm mit Zweidrittelmehrheit im ersten Wahlgang. 2016 folgte ihr mit Marianne Wagner die erste Theologin in den Landeskirchenrat und jetzt die erste Kirchenpräsidentin. Das synodale System funktioniert also auch ohne Frauenquote: In Krisen­zeiten sind die Frauen an der Macht.

 

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