Katalysator für eine größere Gemeinsamkeit

Schulen testen wegen Corona konfessionell-kooperativen Religionsunterricht aus – Lehrer nutzen Fortbildungen zum Unterricht in der Krise

Findet seit den Sommerferien wieder an vielen Schulen in Rheinland-Pfalz statt: Religionsunterricht. Foto: epd

Ein gemeinsamer evangelisch-katholischer Religionsunterricht, wie ihn etwa Grundschüler in Eußerthal und Ramberg erleben, ist derzeit keine Seltenheit. Durch die Corona-Krise wird die Idee des konfessionell-kooperativen Religionsunterrichts in etlichen Schulen vorübergehend umgesetzt. „Wir haben das mindestens bis zu den Herbstferien denjenigen Schulen erlaubt, die bei uns angefragt haben“, sagt Rainer Huy, Leiter des Religionspädagogischen Zentrums (RPZ) Speyer. Bedingung sei, dass Eltern und Schüler dem zustimmten. Beim konfessionell-kooperativen Religionsunterricht findet ein gemeinsamer evangelisch-katholischer Unterricht statt. Er wird abwechselnd von evangelischen und katholischen Lehrerinnen und Lehrern beziehungsweise Pfarrerinnen oder Pfarrern gehalten.

Hintergrund der Anfragen ist, dass die Schüler so im Klassenverband bleiben können. Zwar sieht der Hygieneplan für die Schulen in Rheinland-Pfalz eine Ausnahme für Religions- oder Ethikunterricht vor, was die Durchmischung der Lerngruppen angeht. „Natürlich ist das für die Schulen trotzdem aufwendig, schließlich sollten die einzelnen Schüler in Blöcken sitzen“, sagt Huy. Dazu komme die Raumnot, berichtet Kirchenrat Thomas Niederberger, Leiter des Amts für Religionsunterricht in der Landeskirche. In einem Fall habe er etwa gehört, dass die neu gebaute Mensa einer Schule nicht coronakonform gelüftet werden könne. Die Folge sei, dass die Schüler in Klassenzimmern essen müssten, die wiederum für Unterricht, darunter Religion, wegfielen.

Einige wenige Schulen haben das Fach offenbar auch aus diesen Gründen vorübergehend komplett gestrichen. Doch in der Fläche finde der Religionsunterricht statt, sagt Niederberger. Die Krise zeige, wie dringend notwendig der konfessionell-kooperative Unterricht sei, sagt Huy. „Wir waren einfach zu langsam in den Verhandlungen, sonst hätten wir jetzt schon profitiert“, sagt er selbstkritisch. Einigkeit herrscht zwischen den beteiligten Landeskirchen, dass das Modell umgesetzt werden soll, „die Papiere sind unterzeichnungsfertig“, sagt Niederberger. „Als pfälzische Landeskirche sind wir noch mit den Ländern Rheinland-Pfalz und dem Saarland im Gespräch, wie es konkret umgesetzt werden soll.“

Nicht nur die konfessionell-kooperative Form, sondern auch der Besuch von Fortbildungen in den Religionspädagogischen Zentren der Landeskirche zeige, dass viele Religionslehrer und Schulen nach Lösungen in der Corona-Krise suchen, sagt Nadine Glage, Leiterin des RPZ Kaiserslautern. „Wir haben schon im Mai versucht, in die Zukunft zu schauen, wie ein motivierender Religionsunterricht aussehen könnte, wenn keine Partnerarbeit erlaubt ist, kein Singen.“ Ausgegangen sind Glage und ihre Kollegen Brigitte Beil und Horst Heller von den RPZ Kusel und St. Ingbert von einem Worst-Case-Szenario. Das ist bisher nicht eingetroffen, dennoch ist das Konzept „Reise zum Regenbogen“ stark nachgefragt. Die sechs Fortbildungen jüngst waren alle ausgebucht. „Die Lehrer leiden unten den Hygieneregeln“, sagt Glage. „Wo gibt es Schutz und Sicherheit in Gefahr?“ Fragen wie diese knüpfen an die Geschichte von Noah an – und an Fragen der Kinder in der Krise, erzählt Glage. Und wenn die Kinder die Hände aneinanderreiben, erzeuge das ein Wellenrauschen in der Klasse, illustriert sie eine Methode: Gemeinschaftsgefühl trotz Abstandsgebot.

Trost und Zuversicht in den Schulunterricht mit einzubeziehen, das sei eine große Leistung des Religionsunterrichts, sagt Thomas Niederberger. „Wir müssen den Schulen deutlich machen, dass wir etwas liefern, kein althergebrachtes Kirchenrecht in Anspruch nehmen“, fasst Huy die Aufgaben für die Zukunft zusammen. Auf den gemeinsamen Stamm der Religionen zu verweisen, statt Differenzierungsdiskussionen zu führen, ist für ihn dazu ein wichtiger Schlüssel. flor

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