Gewachsener Freundschaft Ausdruck verleihen

Kirchengemeinden an französischer Grenze erleben Folgen von Corona unmittelbar – Grenzüberschreitende Botschaft per Foto und Video

Betonen trotz Grenzschließung den Zusammenhalt: Die Pfarrer Axel Imhof (links) und Heiko Schwarz auf der Lauterbrücke. Foto: pv

An der französischen Grenze pflegen etliche pfälzische Kirchengemeinden Beziehungen zu Glaubensgeschwistern im Nachbarland. Corona hat viele Projekte lahmgelegt, Grenzschließungen von deutscher Seite aus haben die Situation nicht einfacher gemacht. Auch darum wollen Pfarrerinnen und Pfarrer auf die gewachsene deutsch-französische Freund­schaft hinweisen.

„Die Zusammenarbeit mit meinem französischen Kollegen steht in meiner Stellenbeschreibung“, sagt Pfarrer Heiko Schwarz in Neuburg. Sein Kollege Axel Imhof auf Elsässer Seite legt einen Schwerpunkt darauf. „Einmal im Monat ist Axel bei uns für einen Gottesdienst“, sagt Schwarz. Auch Kasualvertretungen übernimmt der französische Kollege. Schwarz hält viermal im Jahr in elsässischen Gemeinden einen deutschen Gottesdienst, es gibt einen deutsch-elsässischen Stammtisch. „Im Moment liegt alles auf Eis“, sagt Schwarz.

Gerade deshalb wollen die beiden Pfarrer zum Ausdruck bringen, dass sich der Zusammenhalt auch nicht von antideutschen Ressentiments, die im Zuge der Grenzschließungen hochkochten, zerstören lässt. Sie ließen sich gemeinsam auf der Lauterbrücke zwischen Scheibenhardt und dem französischen Scheibenhard fotografieren. Genau hier hätte dieses Jahr wieder ein Altar stehen sollen, zum ökumenischen Gottesdienst anlässlich des grenzüberschreitenden Brückenfests Anfang Juni, das seinen 25. Geburtstag feiert.

„Die Lauterbrücke ist ein Zeichen der Verbundenheit. In den letzten Jahrzehnten ist es normal geworden, dass es im Alltag keine Rolle spielt, ob man nun die französische oder deutsche Staatsangehörigkeit hat. Längst geht es um mehr als Einkaufsmöglichkeiten, Wohnsitz und Berufstätigkeit. Es geht um Freundschaft und die Zusammengehörigkeit in der europäischen Familie“, erklären die Pfarrer. „Über alle zeitweise notwendigen Trennungen und Abstandsregeln hinweg bleiben wir verbunden, weil wir zusammengehören – als Christen, als Europäer, als Freunde.“

Das verdeutlicht ein Film, der auf der Homepage der Bad Bergzaberner Kirchengemeinde und der französischen Kirchengemeinde St. Jean-Wissembourg abrufbar ist. Darin melden sich Pfarrerin Angela Fabian und ihre französische Kollegin Anette Ruby zu Wort. „Wir hatten eigentlich zum Gedenken an das Kriegsende einen deutsch-französischen Gottesdienst geplant – mit einer Ausstellung in der Marktkirche“, sagt Fabian. Nun treffen sich die Pfarrerinnen virtuell. Um die Aufnahmen in Frankreich und den Schnitt hat sich Jugendreferent Tobias Haack gekümmert. „Ich bin mit einem ganzen Stapel Sondergenehmigungen über die Grenze.“

Organistin Christiane Martin-Seiwert fiebert dem Ende der Beschränkungen entgegen. Die Französin, die in Bobenthal lebt, leitet den deutsch-französischen Chor im Dekanat Bad Bergzabern. Videoproben seien keine Option, zu wenig seien entsprechend ausgestattet. „Chorgemeinschaft ist mehr als Singen, wir kommen auch zusammen, um zu essen, zu trinken, zu reden.“ Auch beruflich ist ihre Situation anstrengend. Wenn sie zur Arbeit ins französische Wœrth fährt, dauert das über Schönau normalerweise gute 20 Minuten. Weil die Grenze dort zu ist, braucht sie über Bad Bergzabern jeweils eine Stunde. Dazu kommt die Grenzkontrolle.

Die Situation an der Grenze verfolgt auch Pfarrer Matthias Schröder im Pfarramt Luthersbrunn. Eigentlich habe er im Januar eine Gemeindepartnerschaft mit Herbitzheim im Departement Bas-Rhin wiederaufleben lassen wollen. Dann kam Corona – mit anderen Aufgaben. Einem Mitarbeiter der Kirchengemeinde, der in Frankreich wohnt, musste Schröder eine Sondergenehmigung ausstellen. Man werde schon komisch angeschaut mit französischem Kennzeichen auf dem Baumarktparkplatz in Deutschland, habe der Mitarbeiter, selbst Deutscher, ihm erzählt. Und dann meldete sich aufgelöst eine Französin, die mit ihrem kranken Mann zu ihrem Arzt nach Deutschland wollte. Für Schröder ist klar: „Ich habe mir vorgenommen, die Menschen jenseits der Grenze künftig noch einmal viel stärker auf dem Schirm zu haben.“ Florian Riesterer

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