Erster Einsatz für kirchliche Seenotretter

„Sea-Watch 4“ birgt Menschen von überfülltem Schlauchboot – Patrouille in Rettungszone vor Libyen

Ernstfall eingetreten: Die Rettungsaktion der „Sea-Watch 4“ fand rund 31 Seemeilen vor der libyschen Küste statt. Foto: epd

Bei ihrer ersten Mission im Mittelmeer hat die Crew des deutschen Schiffs „Sea-Watch 4“ am vergangenen Sonntag 97 Menschen aus Seenot gerettet. Die Menschen waren laut Sea-Watch auf einem überfüllten und seeuntauglichen Schlauchboot unterwegs. Die Rettungsaktion fand den Angaben zufolge rund 31 Seemeilen vor der libyschen Küste statt. Tags darauf rettete die Besatzung erneut rund 100 Menschen, die in einem Schlauchboot vor der libyschen Küste trieben. Damit waren bis Redaktionsschluss mehr als 200 Gerettete an Bord der „Sea-Watch 4“.

Die Geretteten wurden nach ihrer Bergung von Ärzten untersucht. Die „Sea-Watch 4“, die auf eine kirchliche Initiative zurückgeht, setzte danach nach eigenen Angaben ihre Patrouille vor der libyschen Küste fort. Bereits am Samstag zuvor hatte das zum Rettungsschiff umgebaute frühere Forschungsschiff sieben Menschen an Bord genommen. Sie wurden zunächst von einem kleineren Schiff gerettet, das die „Sea-Watch 4“ um Unterstützung gebeten hatte. An Bord des von Sea-Watch und „Ärzte ohne Grenzen“ betriebenen Schiffs befinden sich damit inzwischen rund 200 aus Seenot gerettete Migranten.

Nach dem ersten Rettungseinsatz der „Sea-Watch 4“ hat der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, die Notwendigkeit kirchlichen Engagements bei der Seenotrettung bekräftigt. Die Rettung der rund 200 Menschen habe „in trauriger Weise“ gezeigt, dass die Mission des Schiffs nötig sei, sagte Bedford-Strohm. Natürlich wäre die Seenotrettung eigentlich eine staatliche Aufgabe, erklärte er. Doch die Staaten Europas schauten zu. „Und deswegen ist es natürlich Aufgabe der Kirche, sich vom Leid der Menschen anrühren zu lassen. Man kann nicht beten und das Leid des Nächsten übersehen.“

Bedford-Strohm sagte, er gehe davon aus, dass die geretteten Flüchtlinge rasch einen europäischen Hafen zugewiesen bekommen und auf mehrere Länder verteilt werden. Von der Bundesregierung erwarte er, „dass sie sich dafür einsetzt, dass wenn Menschen da gerettet worden sind, es nicht wieder ein wochenlanges Geschacher gibt.“ Die Kriminalisierung der zivilen Seenotretter müsse aufhören, denn das seien „die Einzigen, die überhaupt noch Menschenleben dort retten“.

Ursprünglich wollte die „Sea-Watch 4“ schon im April zu ihrem ersten Einsatz aufbrechen. Der Start hatte sich aber wegen der Corona-Pandemie verzögert. Nach Angaben von Sea-Watch sind derzeit kaum Seenothelfer im Mittelmeer unterwegs. Eine staatliche Rettungsmission gibt es nicht. epd

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