Dem Nordpfalz-Fatalismus mit Ideen entgegentreten

Sozialarbeiterin Judith Bernhard hat von der Landeskirche finanzierte Stelle angetreten – Presbyter Rudi Zapp wirbt für lebendige Kirche

Ist bezugsfertig: Das ehemalige Schwesternheim in Reipoltskirchen. Foto: Sayer

Reipoltskirchen. Noch vor den Sommerferien soll sich das ehemalige katholische Schwesternheim Reipoltskirchen beleben. Das hofft Ingo Schenk, Referent im Landesjugendpfarramt. In dem Gebäude, das der Kreis Kusel für knapp zwei Millionen Euro umgebaut hatte, soll die „Ideenschmiede Alte Welt – Entwicklungszentrum ländlicher Raum“ einziehen. Eingebettet ist diese in die 2018 gestartete Initiative „Alte Welt im Aufbruch“. Damit wollen die Kreise Bad Kreuznach, Donnersberg, Kaiserslautern und Kusel zusammen mit dem Dekanat „An Alsenz und Lauter“ der strukturschwachen Nordpfalz-Region zu neuer Attraktivität verhelfen.

Von der „Ideenschmiede“ in Rei­polts­kirchen unternimmt künftig auch Judith Bernhard Erkundungen. Die Sozialarbeiterin hat Mitte März ihre Stelle angetreten, die die Landeskirche fünf Jahre finanziert. Nach dem Besuch des Trifels-Gymnasiums Annweiler studierte sie an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Soziale Arbeit. Tatsächlich sei ihr die „Alte Welt“ vorher kein Begriff gewesen, bekennt Bernhard. Die vergangenen Wochen arbeitete die 23-Jährige, die aus Hofstätten stammt, wegen Corona von zu Hause. Hier hat sie Informationen gesammelt, welche Initiativen Bewohner auf die Beine gestellt haben, um die Corona-Einschränkungen erträglich zu machen.

Anfang Mai endete die Ausschreibung zweier weiterer Stellen. Gesucht wurden Sozialwissenschaftler und Jugendpädagogen für das Modellprojekt „Ländlichen Raum gestalten – Die Dorfraumentwickler. Kinder- und Jugendarbeit vor Ort“. Eine Handvoll Bewerbungen würden derzeit gesichtet, so Schenk. Zusammen mit Bernhard sollen sie in der Ideenschmiede lokale Initiativen anstoßen, die dem „Nordpfalz-Fatalismus“ begegnen, wie Schenk sagt. Gefördert wird das Projekt über fünf Jahre mit knapp einer Million Euro aus dem Bundesprogramm „Demokratie leben!“. Um Präsenz in der Region zu zeigen, stehen Bauwagen und ein Spielewagen zur Verfügung. Diese Gefährte konnte das Landesjugendpfarramt mit Geld aus dem Europäischen Fonds für die Entwicklung des ländlichen Raums anschaffen.

Gute Chancen für eine Wiederbelebung der Nordpfalz sieht auch Rudi Zapp. Die Corona-Krise zeige, dass Homeoffice-Arbeitsplätze in der ländlichen Region Zukunft hätten, argumentiert Zapp, einer der Initiatoren der Alte-Welt-Initiative. Für junge Familien seien ländliche Gegenden mit Häusern und Gärten „ein wahrer Segen“. Zudem gebe es für Kindergärten und Ganztagsbetreuung keine Warteschlangen, sagt der ehemalige Ortsbürgermeister.

Flankierend zu den laufenden Projekten wirbt Zapp für das Modell „Lebendige Kirche“. Auch die Kirche spüre den demografischen Wandel. Sie müsse sich neu aufstellen, um attraktiv für Einheimische und Neubürger, für Jugendliche und junge Familien zu bleiben. Zapp ist Presbyter in der Kirchengemeinde „In der Alten Welt“, die in den Orten Rathskirchen, Reichstal, Rudolphskirchen, Seelen, Nußbach, Reipoltskirchen, Ingweilerhof und Karlshof rund 1500 evangelische Christen umfasst.

Da die lange vakante Pfarrstelle Rathskirchen-Dörrmoschel, zuständig auch für die Kirchengemeinde „In der Alten Welt“, seit März mit Sebastian Best wieder besetzt ist, sieht Zapp in der Nordpfalz gute Chancen für einen „Erprobungsraum Kirche“. Neben kreativen Gottesdienstformen als Angebot für junge Familien nennt er als Ziel, die Krabbelgruppe und den Kindertreff wieder aufleben zu lassen. Auch Konfirmandenarbeit und Pfadfindergruppe sollten eingebunden werden. Rainer Clos

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