Wert des Lebens mit Füßen getreten

von Florian Riesterer

Florian Riesterer

Männliche Küken dürfen in Deutschland weiterhin innerhalb von 72 Stunden nach dem Schlüpfen vergast und geschreddert werden. So hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden. Und damit den Wert des Lebens mit Füßen getreten. Ja, männliche Tiere von auf die Eierproduktion gezüchteten Hühnern legen keine Eier und sind für die Fleischproduktion weniger geeignet. Das macht sie aber noch längst nicht zu einer Ware, über die aus Profitgründen wegen ein paar Cent verfügt werden kann – ungeachtet der Schmerzen der 40 bis 50 Millionen Tiere pro Jahr.

Dabei widerspricht sich das Gericht selbst. So seien wirtschaftliche Interessen der ­Brütereien allein kein vernünftiger Grund fürs Schreddern, urteilen die Richter. Und eben diesen Grund braucht es laut Tierschutzgesetz, um Tiere zu töten. Gleichzeitig will das Gericht den Legebetrieben den Aufwand nicht zumuten, bis zu einem alternativen Verfahren zum Kükenschreddern auf das Töten zu verzichten – schließlich stünden die neuen Methoden ja „voraussichtlich in Kürze“ zur Verfügung.

Wann diese Verfahren einsetzbar sind, ist noch nicht geklärt. „Voraussichtlich“ ist ein dehnbarer Begriff. Und ungeachtet der künftig gewählten Methode landen die ­befruchteten Eier im Schredder. Dabei gibt es längst Anbieter, die die Hähne am Leben lassen und das Fleisch verkaufen. Die Eier der Schwestern haben einen Aufschlag, der die Mast ihrer Brüder quersubventioniert. Das funktioniert gut mit Rassen, die sich sowohl zur Ei- als auch zur Fleischproduktion eignen. Die Hähne werden kleiner als Masthühner, die Hühner legen kleinere Eier. ­Solche unwirtschaftlichen Überlegungen wollte das Gericht den Legebetrieben aber wohl auf keinen Fall zumuten. 

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