Unsinnige Vehikel und der Klimawandel

von Wolfgang Weissgerber

Wolfgang Weissgerber

Niemand braucht sie. E-Roller stehen oder liegen nur im Weg herum. Ihre Fahrer sausen unerlaubt durch Fußgängerzonen. E-Roller halten nur ein paar Monate, dann sind sie Schrott. Das ist ebensowenig ökologisch wie die Produktion ihrer Batterien.

E-Roller sind also total sinnlos. Sie sind gefährlich, denn wer hat schon Helm, Knie- und Ellenbogenschützer dabei, wenn er spontan einen mietet. Leicht fährt man damit jemanden um. Sie entlasten nicht den Straßenverkehr, sondern sparen nur etwas Zeit auf den letzten Metern zwischen Haltestelle und Ziel. Kein Mensch benutzt so ein Ding für Strecken, die er sonst mit dem Auto gefahren wäre.

Unsinnige Vehikel sind das geringste Problem der mobilen Gesellschaft. Städte und Ballungszentren leiden am Verkehrsinfarkt. Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) kann den Bedarf schon jetzt kaum decken und müsste noch viel mehr Menschen transportieren, um Straßen und Umwelt zu entlasten. Die Bahn hat vor Jahren ihr Schienennetz ausgedünnt, um sich schönzuschminken für die Börse. Das Planen neuer Strecken dauert Jahre. Auf dem Land ist man ohne Auto aufgeschmissen, ein Problem vor allem für Alte.

Noch werfen Klimaschützer nicht mit Steinen nach Autos. Aber die wachsende Sorge ums Klima hat die Gangart verschärft. Der deutschen Sprache hat der Klimawandel zudem ein neues Wort beschert: Flugscham. Ein Kurzurlaub auf Malle ist kaum mehr zu rechtfertigen, erst recht
kein Inlandsflug. Ökologisch sensible Flugreisende beruhigen ihr Gewissen durch klimafördernde Ausgleichszahlungen. An eine Besteuerung von Flugbenzin traut sich die Politik ­jedoch nicht heran.

Dabei ist das Prinzip bekannt: Wer die Zusammenhänge von Klima, Ökologie und Energie zu kennen glaubt, ändert sein Verhalten freiwillig. Alle anderen muss man überzeugen oder zwingen – entweder durch Gesetze oder durch höhere Preise. Der Klimawandel und seine Folgen haben die Staaten bisher aber bestenfalls zu halbherzigen Maßnahmen veranlasst. Die „Fridays for Future“-Bewegung und der Auftritt ihrer Gründerin Greta Thunberg vor den Vereinten Nationen (UN) in New York haben inzwischen mehr Handlungsdruck erzeugt als alle wissenschaftlichen Erkenntnisse der letzten 50 Jahre zusammen.

Vor den UN hat Kanzlerin Merkel erklärt, dass Deutschland ein Prozent der Weltbevölkerung stellt, aber zwei Prozent des Gesamtausstoßes an Kohlendioxid verursacht. Das ist eine moralische Verpflichtung, zeigt aber zugleich: Deutsche Alleingänge für den Klimaschutz haben nur marginale Auswirkungen. Dem Klimawandel kann die Weltgemeinschaft nur gemeinsam begegnen. Danach sieht es nicht aus, solange all den Trumps und Bolsonaros dieser Erde die Rendite über alles geht. Als Entschuldigung dafür, fünfmal im Jahr in den Urlaub zu fliegen, taugt das aber nicht.

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