Rüstungsexporte mit ungeliebten Folgen

von Nils Sandrisser

Nils Sandrisser

Kürzlich haben sich Katholiken und Protestanten zu Waffenexporten zu Wort gemeldet: Die Gemeinsame Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE) fordert ein Gesetz zur Kontrolle von Rüstungsverkäufen. Deren katholischer Präsident Karl Jüsten verlangt, Deutschland und andere EU-Staaten sollten nur noch an Abnehmer in der EU und Nato sowie ihnen gleichgestellte Länder wie die Schweiz liefern dürfen.

So einfach sind Gut und Böse allerdings nicht verteilt. Der Nato-Partner Türkei beispielsweise ist kein Musterknabe. Er hat sich eben erst in Syrien etwas geleistet, das man mit Fug und Recht als Angriffskrieg bezeichnen kann – mit deutschen Waffen. Dennoch geht der Vorschlag Jüstens in die richtige Richtung. Ein komplettes Verbot von Waffenexporten wäre wenig hilfreich. Es wäre sehr beunruhigend, wenn Staaten wie Estland, Slowenien oder Griechenland, die praktisch keine eigene Rüstungsindustrie haben, ohne Schutz dastünden.

Die größten Probleme machen deutsche Waffen in der Tat in der Hand von Drittstaaten. Entweder setzen die Käufer sie in völkerrechtswidrigen Kriegen oder gegen die Zivilbevölkerung ein oder beides. Mit deutscher Beteiligung produzierte Tornado- und Eurofighter-Jets der saudischen Luftwaffe werfen Bomben auf Zivilisten im Jemen, die saudische Armee schießt mit deutschen Gewehren. Oder die Empfänger reichen die eingekauften Waffen an noch zwielichtigere Gestalten weiter – im Falle Saudi-Arabiens an alle möglichen islamistischen Rebellen- und Terrorgruppen im nördlichen Afrika, in Syrien oder in Südostasien.

Die Folgen unserer Rüstungsexporte erreichen uns: in Form von Flüchtlingen. Bewaffnete Konflikte sind eine der zentralen Fluchtursachen weltweit und gerade im Falle Syriens und Afghanistans die absolut bestimmende. Auch in Nordwestafrika, von wo die meisten der Menschen kommen, die sich an der libyschen Küste in kaum seetüchtige Seelenverkäufer zwängen, wüten islamistische Gruppen, deren Waffen sicher nicht so einfach vom Himmel fallen.

Freilich sollte sich niemand Illusionen darüber machen, dass der Weltfrieden ausbräche, wenn wir unsere Waffenexporte stoppten. Auch andere Länder verkaufen Schießgerät. Außerdem haben Länder, die in der Vergangenheit unter Waffenembargos fielen, selbst eine Rüstungsindustrie aufgebaut. Beispiele sind Iran, Argentinien, Nordkorea oder der Sudan. Das früher wegen seiner Apartheid von allen Waffenkäufen abgeschnittene Südafrika fertigt heute Gewehre, Raketen, Panzer, Geschütze und Kampfhubschrauber – auch für den Weltmarkt.

Eine massive Beschränkung unserer eigenen Rüstungsexporte würde also konkret wenig bringen, hätte aber einen Vorteil: Wenn wir die Folgen der Waffenverkäufe in Form von Flüchtlingen aus dem Mittelmeer fischen, hätten wir deren Elend wenigstens nicht direkt mitverursacht.

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