Respekt nur im Wissen um die andere Religion

von Florian Riesterer

Florian Riesterer

„Ihr kennt euch aus mit dem Glauben, deshalb kommen wir zu euch.“ Was muslimische Eltern Pfarrer Frank Wolf vom Trägerverband der protestantischen Kindertagesstätten in Ludwigshafen bei der Anmeldung ihrer Kinder erzählen, unterschreiben evangelische Kindergartenleiterinnen und -leiter in der Landeskirche. Das christliche Profil der 241 Einrichtungen wirkt also auf Menschen anderer Religion nicht abschreckend, sondern einladend. Das ist schön.

Das Beispiel des Pirmasenser Lutherkindergartens, wo eine muslimische Familie mit der regelmäßigen „Kita-Kirche“ in der Lutherkirche Schwierigkeiten hat, zeigt allerdings, dass Kindergärten mit ihrer Religionspädagogik nicht in einer Blase agieren. Die evangelischen Einrichtungen müssen bei der Anmeldung der Kinder klar kommunizieren, welchen Kontakt die Kinder zum Thema Kirche und Glauben im Kindergarten haben. Dann können die Eltern selbst entscheiden, ob sie dies möchten.

Ein alternatives Ethikangebot, wie es im Fall Pirmasens ein Vater für die Muslime – immerhin sind dies im Lutherkindergarten knapp 50 Prozent der Kinder – vorgeschlagen hat, trägt nicht zur gegenseitigen Toleranz bei. Was die Kinder nicht kennen, können sie nicht respektieren. Genau hier setzen die Arbeitskreise der Kindertagesstätten um die landeskirchliche Fachberaterin für religiöse und kulturelle Vielfalt, Annette Wehning, an. Andere Religionen sollen im Kindergartenalltag Raum bekommen. Das heißt nicht, dass der christliche Glaube verwässert wird. Nein, der Blick soll auf Gemeinsamkeiten genauso liegen wie auf Unterschieden. „Ein elementares Feld von interreligiösem und interkulturellem Lernen“, nannte auf der Landessynode Bildungsdezernentin Dorothee Wüst die evangelischen Kindergärten.

Natürlich lebt nicht jeder Christ, nicht jeder Muslim seinen Glauben gleich aus. Und so gibt es Christen, die nicht zum gemeinsamen Fastenbrechen im Ramadan gehen, genauso wie muslimische Eltern, die der St.-Martins-Feier fernbleiben. Wenn Eltern ihren Kindern den Besuch der Kirche verwehren, obwohl dies zum religionspädagogischen Kindergartenprogramm gehört, muss das die Einrichtung hinnehmen. Zwang ist der falsche Weg. Ihre christliche Identität aufgeben müssen die Einrichtungen deshalb nicht. Die Wertevermittlung fußt auf dem christlichen Glauben.

Dass auch die rechte Ecke der Leitung des Pirmasenser Kindergartens applaudiert, überrascht nicht. Das Klischee des intoleranten, fanatischen Moslems ist aber gefährlich und falsch. Viele Muslime suchen bewusst Kontakt zu den evangelischen Kindergärten, haben kein Problem mit Weihnachtsfeiern. Und auch im Fall Pirmasens reklamiert der Vater für sich Toleranz und Offenheit. Dies sollte ihm keiner absprechen. Der bessere Weg dahin führt aber über die gemeinsame „Kita-Kirche“ aller Kindergartenkinder oder den Tag der offenen Moschee.

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