Kirchenthemen haben Konjunktur

von Hartmut Metzger

Hartmut Metzger

Das war Pfingsten 2019. Die Tages- und Wochenpresse hat artig die Mitgliedschaftsstudie der evangelischen und der katholischen Kirche kommentiert und die gesellschaftliche Bedeutung der beiden Großkirchen betont. So weit, so gut. Während vor zwei Jahrzehnten immer wieder eine fehlende Aufmerksamkeit für kirchliche Themen beklagt wurde, sind die christlichen Kirchen heutzutage in den Medien präsent wie nie. Glaube und Religion haben Konjunktur, während die Kirchen Mitglieder verlieren. Die Leitartikler sorgen sich um den gesellschaftlichen Zusammenhalt, während die Kirchenleitungen die sinkenden Mitgliederzahlen demonstrativ gelassen zur Kenntnis nehmen. Vielleicht ist das genau das richtige Verfahren, in dem nur noch die richtige Antwort fehlt.

„Eine kleine Kirche kann große Wirkung entfalten“, schreibt die Wochenzeitung „Die Zeit“. Sie erinnert an die Geschehnisse vor 30 Jahren in der Leipziger Nikolaikirche, als die Friedensgebete von ganz kleinen, sehr überschaubaren, kirchlicherseits noch nicht einmal gebundenen und oft auch zerstrittenen Gruppen nach sieben Jahren Beharrlichkeit zur Massenbewegung wurden. „Selig sind die Friedfertigen; denn sie werden Gottes Kinder heißen“, heißt es in den Seligpreisungen der Bergpredigt; Sätze, die – Montag für Montag von Friedensaktivisten und von Gemeindemitgliedern gesprochen – schließlich offenbar selbst bei der bewaffneten Staatsmacht Gehör fanden und zu dem Wunder des gewaltlosen Falls der Mauer führten. Und es waren Pfarrer wie Christian Führer, die damals gegen alle staatlichen Widerstände dafür sorgten, dass dies geschehen konnte. Kirche bot Raum, Schutz und Inhalt, und so wuchs aus einem winzigen Senfkorn der größte Baum heran.

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