In Syrien fehlen geeignete Vermittler

von Nils Sandrisser

Nils Sandrisser

Seit Wochen werfen syrische und russische Kampfflugzeuge verstärkt ihre Bomben auf die Region Idlib ab. Die Truppen des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad werden wohl bald zum Sturm auf das letzte Rebellengebiet antreten. Auf die Menschen dort kommen noch schwerere Zeiten zu als ohnehin schon. Papst Franziskus hat an Assad einen Brief geschrieben, in dem er auf die katastrophale humanitäre Lage hinweist.

Das Vorgehen der syrischen und russischen Luftwaffen folgt dem, was bereits aus anderen Schauplätzen des Syrien-Kriegs bekannt ist. Ihre Flugzeuge nehmen zunächst die zivile Infrastruktur ins Fadenkreuz – Krankenhäuser, Schulen, Märkte. Allen Hinweisen zufolge hat Assad seit 2011 regelmäßig Fassbomben und mehrfach Chlorgas eingesetzt. Das Ziel ist klar: Die Leiden der Zivilbevölkerung sollen so unerträglich hoch werden, dass die Menschen den Rebellengruppen ihre Unterstützung entziehen und die Herrschaft Assads als kleineres Übel akzeptieren.

Nun, da Assad und seine Verbündeten – vor allem Russland und der Iran – den Sieg vor Augen haben, ist es unwahrscheinlich, dass sie sich auf Verhandlungen einlassen. Dennoch gebietet es die Sorge um die Menschen in Idlib, alles zu unternehmen, um diesen letzten Waffengang zu verhindern. Die Frage ist, was das sein könnte.

Appelle an die Menschlichkeit sind es wohl eher nicht. Assads primäres Interesse ist der Machterhalt um jeden Preis. Der Westen hat stets betont, dass es eine Zukunft für Syrien nur ohne Assad geben könne. Von diesem Ziel müsste er abrücken. Im Falle des Iran ist es komplizierter. Auch die Mullahs wollen ihr Regime absichern, Syrien ist für sie strategisches Hinterland. Leider müsste man Teheran zunächst Wohlverhalten bei der Atomrüstung abkaufen. Dann erst wäre Syrien dran. Die verschärften Iran-Sanktionen des US-Präsidenten Donald Trump haben den Preis für Frieden enorm in die Höhe getrieben.

Bliebe die Frage, wer als Vermittler auftreten könnte. Durch den Brief des Papstes fällt der Blick auf die katholische Kirche. Vor allem die Gemeinschaft Sant’Egidio hat Erfahrung mit der Beilegung von Konflikten. Im Februar kam auf ihre Vermittlung hin eine Einigung in der Zentralafrikanischen Republik zustande. In den 1990er Jahren half sie bei der Beendigung der Bürgerkriege in Mosambik und Guatemala. Freilich waren das Konflikte geringerer Intensität oder ehemalige Stellvertreterkriege, denen nach dem Ende des Ost-West-Konflikts die Finanziers abhanden gekommen waren. Die Erfolge Sant’Egidios beruhten nicht auf dem Ausgleich, sondern dem Wegfall von Interessen.

Vielleicht könnte sich die EU als Vermittlerin versuchen. Dazu müsste sie allerdings geeint auftreten – also die Interessen ihrer eigenen Mitglieder ausgleichen. Allerdings wäre die Reduktion der Flüchtlingszahlen so ein gemeinsames Interesse.

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