Europa steht vor entscheidender Wahl

von Klaus Koch

Klaus Koch

Die USA seien tief gespalten, lauten die Analysen nach den jüngsten Wahlen. Das mag im Inneren stimmen. Doch in der Außen- und Handelspolitik hat der Präsident nach wie vor das Heft in der Hand. Er wird weiter rücksichtslos das vertreten, was er für die Interessen seines Landes hält. Sein größter Gegenspieler heißt dabei China, das erst gar keine innerstaatlichen Diskussionen zulässt, und ein bisschen noch Russland, auch keine lupenreine Demokratie.

Bleibt die Frage, was in dieser Konstellation aus Europa wird. Der Kontinent kann sich mittlerweile von der jahrzehntelangen Illusion verabschieden, zusammen mit den USA zu den Guten dieser Welt zu gehören. Diese Wertegemeinschaft war in Europa schon immer mehr Suggestion als Realität. Die USA sehen in Europa keine Freunde oder gleichberechtigte Partner. Sie verfolgen hier ihre wirtschaftlichen Interessen und nutzen den kleinen Erdteil als Brückenkopf nach Asien. Das haben auch die Präsidenten vor Trump so gesehen, nur nicht so plump gesagt.

Ausgerechnet in dieser heiklen Lage droht Europa auseinanderzubrechen. Bei den Europawahlen im kommenden Jahr treten viele Parteien an, die die EU nicht stärken, sondern zerstören wollen. Und sie haben gute Chancen. Deshalb sind die nächsten Monate des Wahlkampfs so wichtig wie wohl noch nie in der Geschichte der EU. Wenn es nicht gelingt, Begeisterung zu wecken und Zusammenhalt zu erzeugen, werden die Feinde des Friedensprojekts Europa die Oberhand gewinnen. Und wenn die Gemeinschaft erst einmal zerbrochen ist, wird der Kontinent mehr und mehr in die Bedeutungslosigkeit versinken: weltpolitisch und wirtschaftlich. Es wird auf jeden einzelnen überzeugten Europäer ankommen, dies zu verhindern.

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