Die Zukunft selbst in die Hand nehmen

von Florian Riesterer

Florian Riesterer

Lebenserwartung, Schulabschlüsse, Abhängigkeit vom Sozialsystem, Nahversorgung, Steueraufkommen: Anhand messbarer Zahlen haben Wissenschaftler des Berlin-Instituts Deutschland unter die Lupe genommen. Wenig überraschend zeigt sich in ihrem „Teilhabe-Atlas Deutschland“ das gleiche Bild ähnlicher bereits veröffentlichter Studien: Weite Teile Ostdeutschlands gelten als „abgehängt“. Allerdings sind solche Regionen auch in Westdeutschland zu finden: in Schleswig-Holstein, im Westen Frieslands, im Saarland und in der Nord- und Nordwestpfalz.

Doch „abgehängt“ zu sein, das zeigen Interviews mit den Menschen, bedeutet nicht gleichzeitig, unglücklich zu sein mit der Lebens­situation. Tatsächlich kann für einen Menschen der Blick über unverbautes Land mehr wert sein als ein großer Supermarkt um die Ecke. Allerdings wird im Bericht deutlich: Dort, wo es viele Leute gibt, die sich mit der Kommune, dem Kreis identifizieren, wächst die Zufriedenheit, egal wie düster die Wirtschaftsaussichten sind.

Die Idee hinter dem Projekt von vier Landkreisen und der Landeskirche in der „Alten Welt“ zwischen Glan, Lauter und Alsenz, das jüngst seinen offiziellen Startschuss feierte, ist deshalb einleuchtend: Weder Politik noch Kirche haben das Potenzial, die ländlichen Strukturen langfristig zu bedienen. Die ­Bewohner müssen aktiv werden. Dafür braucht es Zusammenhalt. Wo er vorhanden ist, wird sich zeigen, was den Menschen wichtig ist: Der Bürgerbus in die nächste Stadt zum Arzt, der Dorfladen oder der Kinder­gottesdienst vor Ort: Dinge, die wieder neues Miteinander schaffen. Manches wird gelingen, manches wird nicht machbar sein, weil „Macher“ fehlen. Dann heißt es, das Schrumpfen zu akzeptieren.

Meistgelesene Leitartikel & Kommentare