Dem Volk Israel hilft kein Fanatismus

von Hartmut Metzger

Hartmut Metzger

In der Verfassung der „Evangelischen Kirche der Pfalz (Protestantische Landeskirche)“ heißt es gleich zum Abschluss des ersten Paragrafen: „Durch ihren Herrn Jesus Christus weiß sie sich hineingenommen in die Verheißungsgeschichte Gottes mit seinem ersterwählten Volk Israel – zum Heil für alle Menschen. Zur Umkehr gerufen, sucht sie Versöhnung mit dem jüdischen Volk und tritt jeder Form von Judenfeindschaft entgegen.“

Diese Selbstverpflichtung sollte in den evangelischen Landeskirchen und in ganz Deutschland eine Selbstverständlichkeit sein. Das ist sie aber nicht, wie die erschreckend hohe Zahl antisemitischer Delikte in Deutschland zeigt. Zudem stellt sich immer dringlicher die Frage, weshalb mit dieser nicht ungefährlichen Entwicklung immer destruktiver umgegangen wird.

Da ist zum einen die Zuwanderung radikaler antisemitischer Einstellungen aus dem Nahen Osten und der bereits vorhandene gewaltbereite Antisemitismus rechtsradikaler Kreise. Aber da ist auch ein latenter Antisemitismus, der verbunden mit einer ängstlichen Fremdenfeindlichkeit inzwischen wieder Eingang in deutsche Parlamente findet. Und ausgerechnet unter den offiziellen Freunden Israels gibt es einige, die in diesem Milieu die Ressentiments schüren, indem sie sich selbst in ihrer digitalen „Echowelt“ – und bisweilen auch real – zum höchsten Richter aufspielen. Stefan Meißner, der Vorsitzende des landeskirchlichen Arbeitskreises Kirche und Judentum, ist einer von ihnen. In seinem Vortrag vor dem Arbeitskreis Kirche und Judentum nennt er unter dem Titel „Wer sind die Täter? Antisemitismus bei Angehörigen der Kirchen“ an erster Stelle die Arbeitshilfe „70 Jahre Staat Israel“ der rheinischen Kirche, an zweiter Stelle „Artikel von Hartmut Metzger, Chefredakteur unseres Evangelischen Kirchenboten“, an dritter Stelle Professor Ulrich Duchrow.

Der KIRCHENBOTE hat in seiner Ausgabe zum 27. Mai 2018 tatsächlich 60 tote Palästinenser und die Politik des Staates Israel kritisch kommentiert. Er hat aber expizit die derzeitige Staatsführung und deren aggressive Siedlungspolitik angeprangert, was Meißner sogar erlaubt. Er widerspricht daher seinen eigenen Antisemitismus-Definitionen.

Die undifferenzierten Rundumschläge des Pfälzer Pfarrers gegen die rheinische Landeskirche, den KIRCHENBOTEN und (zuletzt im „Pfälzer Pfarrerblatt“) gegen den Sozialethiker Ulrich Duchrow und Eberhard Hirschler von der evangelischen ­Akademikerschaft fördern weder den Frieden im Nahen Osten noch eine sachliche Debatte in Deutschland. Dem „ersterwählten Volk Israel“ hilft kein Fanatismus – weder hier noch dort. Beauftragte vom Geiste Stefan Meißners importieren diesen aggressiven Konflikt aus Nahost. Meißners Anliegen wäre sicherlich schon geholfen, wenn der Vorsitzende des Arbeitskreises Kirche und Judentum möglichst schnell zurücktreten würde.

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