Bankrotterklärung eines Fußballvereins

von Florian Riesterer

Florian Riesterer

Wenn 4000 Fans des Chemnitzer Fußballclubs (CFC) vor einem Spiel dem verstor­benen rechtsextremen Fan und Gründer der Gruppe „Hooligans Nazis Rassisten“, Tommy Haller, mit Plakat und Schweigeminute ­gedenken, ist das schlimm genug. Wenn ihn auch der Stadionsprecher würdigt, eine SPD-Stadträtin als Fanbeauftragte das faire Miteinander mit Haller betont und einem Spieler von der Wechselbank ein Hooligan-Shirt für den Torjubel gereicht wird, kann nur erahnt werden, wie stark die Ver­strickung der Neonazi- und Hooliganszene mit dem Verein ist. Bis in die 2000er Jahre ­sicherte die Security-Firma Hallers im ­Stadion Spiele, bevor der CFC ihm kündigte, ­wegen vereinsschädigender Äußerungen.

Die Choreografie für den Verstorbenen ­gelang nur, weil viele nichts dagegen hatten oder aus Angst wegschauten. Mitarbeiter hätten „massive Ausschreitungen befürchtet, wenn sie die Trauerkundgebung nicht zugelassen hätten“, sieht sich der Verein nun in der Opferrolle – und hat Anzeige gegen unbekannt gestellt. Gleichzeitig rechtfertigt er die Aktion mit Mitmenschlichkeit gegenüber Fans und Hinterbliebenen. Der Lebensinhalt Hallers sei nicht gewürdigt worden.

Ein schwaches Argument. Die Aktion ist eine Bankrotterklärung des Vereins, was rechtsradikales Denken unter Fans und nicht nur dort angeht. Daran kann auch der Rücktritt von Geschäftsführer Thomas Ulig nichts ändern. Ja, möglich, dass sich der ­Verstorbene für seinen Club engagiert hat. Gleichzeitig brüstete er sich aber mit der von ihm gegründeten Hooligangruppierung, die der Verfassungsschutz trotz Auflösung im Auge behielt. Vereine müssen solche ­Aktionen unterbinden. Sonst werden sie und ihre Stadien rechtsfreier Raum.

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