Das Arbeitsrecht bleibt ein Streitpunkt

Verdi fordert auch in evangelischen Kindertagesstätten zum Streik auf – Kirche droht mit Konsequenzen

Verständnis für Protest der Gewerkschaft: Auch die Kirche will eine bessere Bezahlung der Erzieherinnen. Foto: view

Auch in dieser Woche hat die Gewerkschaft Verdi Mitarbeiter in protestantischen Kindertagesstätten zum Streik aufgerufen. Die Gewerkschaft habe juristisch und politisch sehr intensiv geprüft, ob ein solcher Aufruf rechtens sei, sagte Frank Hutmacher vom Verdi-Landesbezirk in Mainz. Die Landeskirche bleibt hingegen bei ihrer Auffassung, dass Arbeitskampfmaßnahmen dem kirchlichen Verständnis von friedlicher Konfliktlösung widerspreche.

In einem Schreiben an die Gemeinden als Träger der protestantischen Kindertagesstätten schreibt der juristische Oberkirchenrat Dieter Lutz, dass die Kirche die Erfüllung ihres geistlich-religiösen Auftrags nicht unter den ­Vorbehalt eines Arbeitskampfes stellen könne, ohne ihr Selbstverständnis preiszugeben. Deshalb schlägt er den Gemeinden vor, bei Streik den Arbeitsausfall vom Lohn einzubehalten und für den Wiederholungsfall weitere arbeitsrechtliche Schritte anzukündigen.

Verdi sieht das anders. Die Landeskirche übernehme für die Mitarbeiterinnen in Kindertagesstätten unverändert den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes. Daraus sei ein Partizipationsstreikrecht abzuleiten, sagte Hutmacher.

Deshalb würde auch in katholischen Kindertagesstätten nicht zum Streik aufgerufen, da die dortigen Mitarbeiter nicht nach dem Tarif für den öffentlichen Dienst entlohnt würden und daher von einem Arbeitskampf nicht profitierten. Hutmacher stellt klar, dass die Streiks nicht gegen die Landeskirche gerichtet seien. „Uns ist klar, dass die Kirche für die Kolleginnen immer saubere Lösungen anbietet. Aber wir müssen Druck auf die Gesellschaft ausüben, um eine angemessene Bezahlung für Erzieherinnen zu erreichen.“

In dieser Frage herrscht Einigkeit. „Die Forderungen sind berechtigt“, sagte Gerd Kiefer, Leiter der Evangelischen Arbeitsstelle Bildung und Gesellschaft und zuständig für die Kontakte zu den Gewerkschaften. In diesen Gesprächen sei Arbeitsrecht ab und zu Thema, sagte Kiefer. „Wir erklären unsere Position dann im persönlichen Gespräch.“ Das Arbeitsrecht trübe in keinster Weise die hervorragende Zusammenarbeit von Kirche und Gewerkschaft. Als Beispiele nannte er die Unterstützung durch Verdi bei der kirchlichen Beratung in psychischen Belastungssituationen am Arbeitsplatz, die Aktion für den arbeitsfreien Sonntag und die Initiative gegen Altersarmut. Klaus Koch

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