Pilgern entlang der Milchstraße

Projekt Sternenweg setzt Zeichen für Verbreitung europäischer Werte – Infotafel für Kirche Heuchelheim

Verleihung der Sternenweg-Tafel für die protestantische Kirche in Heuchelheim (von links): Kulturreferent Peter Michael Lupp, Pfarrer Victor Damerow, Verbandsbürgermeister Torsten Blank und der Bürgermeister von Heuchelheim-Klingen, Uwe Huth. Foto: Iversen

Von Jugendlichen mitgestaltet: Sternenfeld bei Blieskastel (links). Unterwegs auf dem Sternenweg: Pilger an der Martinskirche Leinsweiler. Fotos: Lupp

Pilgern steht hoch im Kurs – und für viele ist das Ziel Santiago de Compostela. 2017 wurde erstmals die Marke von 300000 dort ankommenden Pilgern geknackt. Wer noch etwas weiter geht, schafft es gar bis ans „Ende der Welt“, nach Finisterre. Bereits im Mittelalter war es ein Brauch, dort seine Kleidung zu verbrennen – als symbolischer Neuanfang und als ein Akt der Reinigung. Damals orientierten sich die Jakobspilger noch an der Milchstraße.

Aus dieser Idee ist das europäische Projekt Sternenweg entstanden, das symbolisch Bezug auf diesen kosmischen Wegweiser nimmt. Die Wegeachsen, die von oben betrachtet tatsächlich an einen Stern erinnern, verbinden Teile des Saarlands mit Rheinland-Pfalz sowie Lothringen und dem Elsass. Der Regionalverband Saarbrücken hat das Projekt 2006 ins Leben gerufen und verbreitet den zugrunde liegenden europäischen Leitgedanken mit Unterstützung vieler Partner weiter. „Zentrale Themen sind das kulturelle Erbe der Jakobspilgerschaft. Und eine Pilgerschaft der Gegenwart, die sich auf die Wurzeln Europas, vor allem auf Verbreitung europäischer Werte bezieht“, sagt Peter Michael Lupp, Kulturreferent beim Regionalverband Saarbrücken.

Dazu gehört, Zeugnisse mittelalterlicher Baukultur entlang der Wege mit der Jakobsmuschel und einer Infotafel auszuzeichnen. Mehr als 350 Bauwerke reihen sich so schon aneinander. Am Samstag vergangener Woche ist die Protestantische Kirche in Heuchelheim im Landkreis Südliche Weinstraße dazugekommen, die in Zusammenarbeit mit der Jakobusgesellschaft Rheinland-Pfalz-Saarland ausgezeichnet wurde.

Ausschlaggebend waren mehrere Faktoren: Das Langhaus der Kirche und der Chor wurden im 14. Jahrhundert errichtet. „Das kunsthistorische Kleinod sind die Fresken, die um 1500 im Chorraum mit spätgotischem Kreuzrippengewölbe gefertigt wurden“, sagt Karl Unold von der Jakobusgesellschaft. In dem Sternenhimmel werden unter anderem musizierende Engel gezeigt, die eine nicht hörbare Musik zu spielen scheinen. Pfarrer Victor Damerow freute sich über die Auszeichnung.

Zahlreiche protestantische und katholische Kirchen sowie Burgen, Friedhöfe oder Teile von Stadtbefestigungen sind bereits Teil des Sternenwegs. Er gliedert sich in eine Nord- und Südroute mit Querverbindungsstrecken. „An der Haardt-Achse durchwandert man viele kleine Ortschaften. Da ist immer was los. Wer es ruhiger mag, sollte sich eher für die Südroute entscheiden“, sagt Martien van Pinxteren, der die Pilgerwege hierzulande sehr gut kennt. Seine erste Pilgerreise hat er 1995 angetreten, seitdem war er bereits dreimal in San­tiago de Compostela und führt heute als Regionalsprecher der Jakobusgesellschaft auch Gruppen. „Für die Teilnahme an Pilgerangeboten ist es egal, ob die Leute katholisch, evangelisch, überzeugte Kirchgänger oder ohne Konfession sind“, sagt van Pinxteren, der in Maikammer wohnt. Allen gemeinsam ist die Offenheit für eine gewisse Spiritualität auf ihrer Pilgerschaft. Auch entscheiden sich viele Menschen für die Wanderungen, weil sie sich mit einer persönlichen Krise auseinandersetzen. Dazu kommen die sportliche Herausforderung und die Neugier, auf fremde Länder und neue Bekanntschaften.

Als Nächstes ist van Pinxteren mit interessierten Mitpilgern einmal im Monat als „Samstagpilger“ auf Jakobswegen kreuz und quer durch Rheinhessen unterwegs. Neben den Wanderungen, die um die 20 Kilometer pro Etappe liegen, schaut sich die Gruppe die mit der Jakobsmuschel ausgeschilderten Kulturdenkmäler an, zu denen nun auch die Kirche in Heuchelheim zählt.

Und auch einen offiziellen Pilgerstempel gibt es, den sich die Pilger in ihren Pass drücken können, unter anderem im protestantischen Pfarrhaus in Alsenborn. „Etwa 30000 bis 50000 Pilger sind im vergangenen Jahr in unserer Region unterwegs gewesen“, schätzt Kulturreferent Lupp. Derzeit wird noch an einer Zusammenstellung aller Stempelstellen gearbeitet, zu der viele Kirchen, Rathäuser, Hotels oder Tourist-Informationen zählen. Was noch fehlt, ist eine offizielle Meldestelle. Eine der bekanntesten Stempelstellen ist das Kloster Hornbach als Ein- und Ausstieg der Pfälzer Jakobswege. Janina Croissant

www.sternenweg.net und www.jakobusgesellschaft.eu.

Pfälzer Jakobsweg

In der Pfalz gibt es zwei Hauptrouten des Pilgerwegs: Beide beginnen in Speyer, enden in Hornbach und sind rund 140 Kilometer lang. Die Nordroute führt an Landstuhl, Homburg und Zweibrücken vorbei. Entlang der Südroute gelangen Pilger über Germersheim, Landau, Bad Bergzabern, Dahn und Kröppen nach Hornbach. Außerdem existiert eine 75 Kilometer lange Verbindungsroute von Johanniskreuz nach Erlenbach. Wie viele Pilger das Kloster Hornbach ansteuern, lässt sich nur schwer schätzen, da sich nicht alle einen Stempel geben lassen oder dies an unterschiedlichen Stellen erledigen. Dokumentiert sind in Hornbach im vergangenen Jahr 139 Pilger. cja

Jugendliche helfen

Neben dem europäischen Gedanken, auf gemeinsame Werte und ein kulturelles Erbe zu verweisen, hat das Projekt einen sozialen Aspekt: Jugendliche, die teilweise aus einem schwierigen sozialen Umfeld kommen, helfen beim Freilegen der alten Jakobswege oder der Produktion des Jakobsstern-Wegezeichens. Auch das Sternenfeld zwischen Hengstbach und Blieskastel ist so entstanden. „Nicht nur die Pilger, sondern auch die Jugendlichen begeben sich so auf eine besondere Spurensuche“, erklärt Kulturreferent Peter Michael Lupp. Mit diesem schöpferischen Aspekt wolle man Frieden schaffen, formuliert Lupp einen überkonfessionellen Gedanken. cja

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