Viele haben Theologiestudium nicht auf dem Radar

Anke Meckler wirbt seit einem Jahr um Pfarrernachwuchs für die Landeskirche – Jugendliche haben gleichermaßen Interesse und Vorurteile

Vielfältig: Das Theologiestudium ist durch Reformen nicht so stark verändert worden wie andere Fächer. Foto: epd

Anke Meckler

Darf man als Pfarrerin echt ein Nasenpiercing haben? Glaubt eine junge Frau wie Sie wirklich, dass die Evolutionstheorie falsch ist? Anke Meckler stößt bei jungen Menschen auf viel Interesse, wenn sie für das Studium der Evangelischen Theologie wirbt. Aber auch auf viele Vorurteile. Seit einem Jahr ist die 33-jährige Pfarrerin mit 25 Prozent einer Stelle für die Werbung um Pfarrernachwuchs in der pfälzischen Landeskirche zuständig.

Diese Arbeit ist dringend nötig. Mindestens zehn Vikare braucht die Landeskirche pro Jahr, um auch in Zukunft ausreichend Pfarrer zu haben. Die starken Jahrgänge der 1960er Jahre gehen im kommenden Jahrzehnt in den Ruhestand. Derzeit sieht es recht gut aus. 53 junge Menschen stehen auf der Liste der Theologiestudierenden der Landeskirche, und die Vikarskurse sind gut gefüllt. Dass dies so bleibt, dafür soll auch Anke Meckler sorgen.

Mit einer Viertelstelle allein sei das natürlich nicht zu erreichen, sagt die Mutter von zwei Kindern, die mit einem Pfarrer verheiratet ist und mit einer halben Stelle als Religionslehrerin am Trifelsgymnasium in Annweiler arbeitet. „Nachwuchsförderung ist Sache der ganzen Kirche.“ Deshalb will sie Pfarrer und Religionslehrer dafür sensibilisieren, auf potenzielle Theologiestudenten zu achten und diese zu fördern. „Bei der Suche nach einem Studienfach haben viele Theologie gar nicht auf dem Radar.“ Es gebe immer mehrere Klassenkameraden, die Jura, Lehramt oder Betriebswirtschaft studieren wollten. „Mit dem Studienziel Theologie ist man meistens allein in seiner Klassenstufe.“ Das könne auch verunsichern.

Daher gibt es Schnuppertage, an denen sich Interessierte mit Gleichgesinnten und Studenten treffen. Dort stelle sie mit Kollegen die ganze Bandbreite des Pfarrerberufs vor. Pfarrer sei ein vielfältiger Beruf mit großer Nähe zu den Menschen. Es sei möglich, eigene Schwerpunkte zu setzen. „Pfarrer arbeiten weitgehend selbstständig ohne die Risiken der Selbstständigkeit.“ Die Gründe für ein Theologiestudium seien trotz aller gesellschaftlichen Veränderungen seit Jahrzehnten gleich, sagt Meckler: gute Jugendarbeit, ein engagierter Pfarrer, interessanter Religionsunterricht oder die Kirchenmusik.

Bei den Studientagen blieben natürlich auch Fragen nach den negativen Aspekten des Berufs nicht aus, sagt die Pfarrerin. Viele seien skeptisch, ob es wirklich toll sei, in einem Pfarrhaus wohnen zu müssen. Und auch die Arbeitszeit schrecke manchen ab. Sie mache dann deutlich, dass Pfarrer ein sicherer Beruf sei. Die Kirche brauche junge Leute und übernehme die Vikare meistens. „Außerdem hat die Kirche eine tolle Botschaft, für die es sich zu arbeiten lohnt.“ Interessant für zukünftige Studenten sei auch, dass das Studium sehr vielfältig und durch Studienreformen nicht so verändert worden sei wie andere Fächer, sagt Meckler. Zudem sei ein Studienplatzwechsel, auch ins Ausland, sehr einfach. „Scheine werden problemlos anerkannt.“

Fast alle Landeskirchen werben nach Mecklers Worten verstärkt um Nachwuchs. Die Maßnahmen seien sehr unterschiedlich. In Hessen gibt es einen Unterrichtsentwurf, der über kirchliche Berufe im Religionsunterricht informiert. Sachsen habe jedem evangelischen Jugendlichen im entsprechenden Alter eine Informationspostkarte geschickt, in Hannover würden einwöchige Findungsfahrten ins Ausland angeboten. Und die kurhessische Kirche zahlt Theologiestudenten 500 Euro im Monat. Außerdem gebe es die tolle EKD-Kampagne „Das volle Leben“, an die Meckler die Pfalz anbinden möchte.

Die pfälzische Landeskirche werbe damit, dass es hier übersichtlich und familiär sei, sagt Meckler. Auch die liberale theologische Tradition sei ein gutes Argument. Als materieller Anreiz wurde das Büchergeld für Studenten erhöht. Es gibt 100 Euro pro Semester, höchstens aber 1200 Euro für das gesamte Studium. Außerdem gibt es die Möglichkeit, während des Studiums mit Minijobs in Kirchengemeinden das Budget aufzubessern. Doch all diese Maßnahmen könnten die beste Nachwuchswerbung nicht ersetzen: „Einladende Gemeinden, die sich um die Jugendlichen kümmern.“ Klaus Koch

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