Die Gartenschaustadt im Aufbruch

Kein anderes Projekt hat im südpfälzischen Landau zu einer derart nachhaltigen Entwicklung beigetragen

Blick vom Aussichtsturm: Das Areal des „Wohnparks am Ebenberg“ bietet der Landesgartenschau viel Ausstellungsfläche. Foto: VAN

Da und dort wird zwar immer noch fleißig gewerkelt, doch Landau ist gerüstet, blüht im wahrsten Sinne des Wortes. Die Stadt im Aufbruch hat sich herausgeputzt für die Landesgartenschau. Möchte sie sich doch ab 17. April ihren Gästen nur von ihrer Schokoladenseite zeigen. Fünf Jahre hat die Met­ropole der Südpfalz auf die Eröffnung des großen Landesfestes hingearbeitet. Und mit ihr waren viele Planer, kreative Förderer, jede Menge Landschaftsarchitekten und zahlreiche innovative Privatinvestoren bereit, sich zu engagieren.

Was entstanden ist, kann sich sehen lassen. Landau, behaupten jene, die länger nicht mehr das Herzstück der Südpfalz besucht haben, sei kaum noch wiederzuerkennen. Verständlich. Bezieht sich doch der beachtliche Wandel im Landauer Stadtbild keineswegs nur auf den Landauer Süden, auf dieses funkelnagelneue Quartier im Grünen. Lang ist es her, seit das Kasernenareal „Estienne et Foch“ 10 000 französische Soldaten und ihre Familien beherbergte. Nachdem sich um die Jahrtausendwende die Streitkräfte verabschiedet hatten, dümpelte das Gebiet mehr oder minder vor sich hin. Zukunftspläne lagen zwar auf dem Tisch, doch für die Umsetzung fehlte das Geld.

Jetzt ist auf rund 27 Hektar Ausstellungsfläche der „Wohnpark am Ebenberg“ entstanden, der für ein halbes Jahr der Landesgartenschau viel Platz bietet. Eine faszinierende Symbiose aus Tradition und Fortschritt bildet den Rahmen für moderne, mitunter gar futuristisch anmutende Wohnformen. Es ist ein Zusammenspiel von sanierten, stattlichen Sandsteingebäuden und Architektur der Neuzeit in schlichter Eleganz. In naher Zukunft, teilt man die Zuversicht der Landauer Kommunalpolitiker, werden dort rund 1500 neue Wohneinheiten entstanden sein.

Als grandiose Zeitmaschine eines Erfolgsmodells Landauer Stadtentwicklung hat sich dabei die Landesgartenschau entpuppt. Mit rund 27 Millionen Euro des Landes und etwa 14 Millionen der Stadt wurde zwar ein beachtliches finanzielles Fundament geschaffen. Doch gleichzeitig wurde damit eine Investitionswelle in Gang gesetzt, die bis heute bereits über 200 Millionen Euro in die Stadt hineinschwappen ließ. Fachleute haben errechnet, dass noch einmal die gleiche Summe in den kommenden fünf Jahren in dieses neue Stadtquartier fließen wird. Die Summe von dann 400 Millionen Euro belegt die enorme Wirtschaftskraft, die mit der Planung Landesgartenschau ausgelöst wurde. Und eine ganze Region wird noch lange davon profitieren.

Kein anderes Projekt in Landau hat innerhalb nur weniger Jahre eine derart nachhaltige Entwicklung angestoßen. Wer heute mit dem Zug nach Landau kommt, traut seinen Augen nicht. Nichts erinnert mehr am Landauer Bahnhof an diesen Charme der Schwarz-Weiß-Filme der frühen 1950er Jahre. Kaum eine Baulücke im Zentrum der Stadt, die nicht ausgefüllt wurde mit Neubauten. Sie untermauern eindrucksvoll die Erkenntnis, dass immer mehr Menschen, vor allem auch jüngere, gerne in dieser Stadt leben, sich hier pudelwohl fühlen, zu schätzen wissen, was ihnen ein neues Zuhause wurde.

Nur sollte niemand annehmen, diese positive Entwicklung sei Landau in den Schoß gefallen. Im Gegenteil. Nicht selten geriet der Motor Landesgartenschau gehörig ins Stocken. Oft lagen Kritik und Demütigung ganz nah beisammen. Im Rückblick waren es deshalb auch nicht alleine die Bombenfunde aus dem Zweiten Weltkrieg, die den Machern der Landesgartenschau manchmal den Nachtschlaf raubten. Leicht ist es den Entscheidern nämlich nicht gefallen, Handwerker und Landschaftsgestalter, Zimmerleute und Maurer vom Gartenschaugelände zu verbannen und dafür Fachfirmen mit ihren „Wünschelruten“ den Vorzug zu geben, damit die Fläche auf Kampfmittelreste aus Kriegszeiten abgesucht werden konnte. Dass dies alles nur mit einer Verschiebung der Gartenschau um ein ganzes Jahr möglich war, gekoppelt an einen generellen Baustopp, werten heute alle als eine zusätzliche Chance für Landau. Nicht nur die über 1000 gepflanzten Bäume durften länger wachsen, auch Häuslebauer wussten die Gunst der Stunde zu nutzen. Freilich musste erst die millionenteure Bombensuche auf dem gesamten Gelände abgeschlossen sein, ehe weitere Wohnkomplexe aus dem Boden gestampft werden konnten. Sie wuchsen dafür umso schneller.

Doch nicht nur die Kampfmittelreste machten den Landauern das Leben schwer. Die unmittelbare Nachbarschaft zur Geothermie ertrotzte Krisensitzungen, als plötzlich die Erde aufbrach und manche fürchten mussten, die Vermarktung der Grundstücke samt ihrer Immobilien nehme Schaden. Doch damit nicht genug. Erfahrungen mit Großprojekten des Landes riefen schon frühzeitig den Landesrechnungshof auf den Plan. In ein starres Finanzkorsett hineingezwängt, wurde gar noch eine neue Ordnung für die Vermarktung der Grundstücke auf dem ehemaligen Kasernenareal festgezurrt.

Heute, so hat es den Anschein, ist all der Ärger fast vergessen. Selbst das nervige Hin und Her wegen des falsch gewählten Standorts für den Kinderspielplatz ringt vielen nur noch ein müdes Lächeln ab. Auch die kritischen Stimmen wegen des fehlenden Aufzugs am 25 Meter hohen Aussichtsturm sind verstummt. Ein Riesenrad erlaubt jetzt den Besuchern, denen die Treppen unüberwindlich schienen, diesen atemberaubenden Blick auf das Geschehen.

Prall gefüllt ist der Veranstaltungskalender der kommenden Monate. Über 2000 Termine hauchen dem Ausstellungsgelände mit all seinen Gärten und Aktionsflächen Leben ein. Kunst, Kultur und Geselligkeit reichen sich die Hand. Wenn Mitte Oktober die Landesgartenschau ihre Pforten schließt, sollen mindestens 600 000 Besucher überzeugt sein, dass diese Veranstaltung im Herzen der Südpfalz nichts mit einer oft belächelten „Blümchenschau“ zu tun hatte. Vielmehr kann Landau mit seiner Landesgartenschau eindrucksvoll dokumentieren, welcher Kraftanstrengung eine Stadt doch fähig ist, um der Konversion Landauer Prägung ein weiteres, besonders faszinierendes Gesicht zu geben. Lächeln in eine gute Zukunft inbegriffen. Eva Klag-Ritz

Himmelgrüne Gottesdienste

Die Landesgartenschau in Landau öffnet am 17. April um 9 Uhr ihre Pforten. Der Aufenthalt im Gelände ist täglich bis 18 Uhr, im Juni, Juli und August bis 19 Uhr möglich. Mit einem ökumenischen Gottesdienst, den Kirchenpräsident Christian Schad gemeinsam mit Bischof Karl-Heinz Wiesemann auf der Südpfalzbühne gestalten wird, wird die Gartenschau am 18. April um 10 Uhr eröffnet. Am anschließenden Festakt nimmt auch Ministerpräsidentin Malu Dreyer teil.

Die Evangelische Kirche der Pfalz und das Bistum Speyer haben für ein abwechslungsreiches Programm gesorgt. Neben den täglichen Kurzandachten, jeweils um 12 und 17 Uhr, wird es jeden Samstag um 17 Uhr einen Gottesdienst unter dem Motto „himmlischer Feierabend“ mit musikalischer Untermalung und positiven Gedanken fürs Wochenende geben. Sonntags findet immer um 12 Uhr ein „himmelgrüner Gottesdienst“ statt.

Am 24. Mai findet ein ARD-Fernsehgottesdienst zu Pfingsten statt. Es predigt Gartenschaupfarrerin Mechthild Werner. Der KIRCHENBOTE bietet eine Gesprächsreihe unter dem Motto „Blühende Landschaften“ an, die am Sonntag, 14. Juni, um 14 Uhr mit Heiner Geißler beginnt. Am 9. Juli wird Eberhard Cherdron zu Gast sein. Friedrich Schorlemmer hat sein Kommen für den 30. August zugesagt. red

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