Zwei Jahre lang den eigenen Glauben reflektiert

Bohrende Fragen von Kindern führen zu einem Glaubenskurs für die Erzieherinnen in der Protestantischen Kindertagesstätte Schauernheim

Trafen sich regelmäßig zum zwei Jahre dauernden Glaubenskurs im Kindergarten in Schauernheim (von links): Sabrina Gröning, ­Martina Heidinger-Rathgeber, Astrid Dorner, Sabine Rutz und Pfarrer Wolfram Kerner. Foto: Kunz

Im Nachbarort starb ein vierjähriges Kind. Seine Kindergartenfreunde fragten ihre Erzieherin „Wo ist Tim denn jetzt?“. Eine von vielen bohrenden Kinderfragen, die oft zu Sprachlosigkeit bei Erwachsenen führt. Zurzeit wird in der Kindertagesstätte für Ostern gebastelt, Eier werden angemalt und Hasenbilder gefertigt. Kinder fragen ihre Erzieherinnen dann: „Was feiern wir eigentlich an Ostern?“ Diese und viele andere Alltags­situationen haben das Team der Protestantischen Kindertagesstätte Schauernheim dazu bewogen, sich mit ihrem Gemeindepfarrer Wolfram Kerner zu einem Glaubenskurs zu treffen.

„Es gibt gewisse religiöse Feste, bei denen es eher schwerfällt, den Kindern zu vermitteln, worum es dabei geht. Gerade bei der Ostergeschichte und der Auferstehung haben wir selbst gemerkt, dass das manchmal sehr schwierig ist“, sagte Sabrina Gröning, Erzieherin in der Sonnengruppe. Dadurch habe sich die Idee des Glaubenskurses im Kindergarten entwickelt.

Zwei Jahre lang hat das gesamte Team seinen Glauben reflektiert und vertieft und konnte dabei viele Alltagsfragen besprechen. Zum Beispiel auch, wie sich Kinder im Gottesdienst verhalten dürfen. Hier hat Pfarrer Kerner die Erzieherinnen zu mehr Gelassenheit ermutigt: „Kinder dürfen im Gottesdienst alles, was sie auch bei mir im Wohnzimmer dürfen, wenn ich mich mit Leuten treffe.“ Es sei nicht nötig, dass die Kinder still sind und sitzen bleiben. Gerade wenn Kinder sehr lebhaft am Gottesdienst teilnehmen, können sie vom Pfarrer einbezogen werden. Es habe während des Kurses viele Aha-Erlebnisse gegeben, zum Beispiel schon am ersten Abend mit der Frage „Darf ich Fragen stellen an den traditionellen Glauben? Darf ich Zweifel haben?“, schilderte Kerner seine Erfahrungen mit dem Kurs. „Das war eine große Befreiung, dass wir als evangelische Christen sagen, unser Glaube lebt davon, dass wir miteinander im Gespräch sind. Es ist nicht der Pfarrer, der allein alle Antworten hat, sondern wir bemühen uns miteinander“, so der Theologe. Die Erfahrungen aus der Schulung haben auch eine direkte Konsequenz für die Arbeit mit den Kindern, denn im Kita-Alltag sind es vor allem die Erzieherinnen, die für die Kinder als erste Bezugsperson in Fragen des Glaubens da sind. Sie sind mit ihrem Glauben und ihrem Umgang mit Glaubensfragen für die Kleinen größere Multiplikatoren als die nur zeitweise anwesende Pfarrerin oder der Pfarrer.

„Es hat mir sehr viel Spaß bereitet“, sagte Martina Heidinger-Rathgeber aus dem Kindergartenteam. Auch ihren Kolleginnen habe der Glaubenskurs sehr viel gebracht für ihren Alltag und die Arbeit mit den Kindern. Der Kurs war außerdem Teil des Qualifizierungsplans Kita plus QM für das Qualitätsmanagement in Kindertagesstätten (wir berichteten in KIRCHENBOTE 9, Beilageseiten). Es gehöre zur Qualität einer protestantischen Kindertagesstätte, dass die Erzieherinnen und Erzieher kompetent und professionell mit Glaubensfragen der Kinder umgehen könnten und ihnen eine religiöse Erziehung ermöglichten, die ihrem Interesse am Glauben gerecht werde, sagte Kerner. Glaubenskurse könnten gerade für Kindertagesstätten in kirchlicher Trägerschaft besonderes profilbildend wirken.

„Emmaus – auf dem Weg des Glaubens“ heißt der Glaubenskurs, der in Schauernheim zum Einsatz kam. Er ist beziehungsorientiert und möchte einen gemeinsamen Weg ermöglichen, bei dem Erzieherinnen und Pfarrer wie die Emmausjünger, die miteinander unterwegs waren, ihre Fragen und Erfahrungen mit einbringen können. Der Kurs ist besonders für kleinere, überschaubare Lerngemeinschaften geeignet. stm

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