Fotografieren und beten an Helmut Kohls Grabstätte

Viele Besucher pilgern in den Konrad-Adenauer–Park – Stadt Speyer schließt Wegweisung bei gleichbleibendem Grabtourismus nicht aus

Ist seit der Beerdigung Helmut Kohls gut besucht: Die Grabstätte auf dem Friedhof des Speyerer Domkapitels. Foto: Landry

Kinderlachen schallt vom Spielplatz im Speyerer Adenauerpark, der nur wenige Meter von dem Grab mit dem schlichten Holzkreuz entfernt ist. Davor ein mächtiger Rosenkranz: „In Liebe. Deine Maike“, steht darauf. Neben vielen Kränzen haben Besucher auch Blumengebinde und Totenlichter abgestellt. „Weißt Du, wer da liegt“, fragt eine Mutter ihre dreieinhalbjährige Tochter. „Das ist der Helmut Kohl“, gibt sie selbst die Antwort. „Es ist wichtig, dass sie das weiß.“

Rund zwei Wochen ist es her, dass der Altbundeskanzler auf dem Friedhof des Speyerer Domkapitels bestattet wurde, der nun durch einen Zugang mit dem öffentlichen Park verbunden ist. Und noch immer kommen viele, auch junge Menschen, um dem Politiker die letzte Ehre zu erweisen – oder einfach, um zu schauen. 1500 waren es nach Schätzungen der Stadt Speyer allein am Dienstag nach der Beerdigung. Doch dichtes Gedränge wie am Sonntagnachmittag, als die Besuchermassen erstmals einen Blick auf das Grab erhaschen konnten, herrscht in dem Park nicht mehr, der bis Ende des 19. Jahrhunderts der Friedhof der Domstadt war.

Die Polizei hat ihre Dauerpräsenz mit zwei Beamten am Grab von Kohl beendet. Ein privater Sicherheitsdienst hat die Arbeit bis auf Weiteres übernommen. Eine Polizeistreife werde aber auch weiter einen Blick darauf haben, dass nichts passiert, informiert Sandra Giertzsch, die Sprecherin des Polizeipräsidiums Ludwigshafen.

Man müsse schon aufpassen, dass Schaulustige nicht über das Absperrseil steigen und mit der Handykamera Selfies machen, stimmt eine Gruppe von Grabbesuchern überein. Oder aber dass es zu Vandalismus kommen könne: „Kohl hatte nicht nur Freunde“, sinniert ein 68-jähriger Ludwigshafener, der gute persönliche Erinnerungen an den Kanzler der Einheit hat.

Ende der 1960er Jahre erlaubten sich, er und seine Kumpels, einen Jux mit Kohl: Dieser saß in trauter CDU-Runde an einem Nebentisch in einem Ludwigshafener Brauhaus. Die jungen Leute stellten ein Schild auf ihren Tisch: „Hier tagen die Jusos“. „Kohl kam zu uns und sagte freundlich: Ihr lernt es auch noch“, erinnert sich der Ludwigshafener.

Einige Grabbesucher lachen, überhaupt: Man tauscht sich aus, diskutiert über Kohl, sein Lebenswerk, die Trauerfeierlichkeiten in Straßburg und Speyer. Und auch über das gebrochene Verhältnis des Altkanzlers und seiner zweiten Frau Maike Kohl-Richter zu seinen Söhnen. „Er hat Großes geleistet, und über seine persönlichen Dinge darf man sich kein Urteil erlauben“, sagt ein Mann aus Römerberg, und viele der Umstehenden pflichten ihm bei. „Zum Schluss hat er sich bestimmen lassen“, wendet ein anderer Besucher aus Dudenhofen ein. Ein früherer SPD-Anhänger, der mit seinen drei Begleitern extra aus dem badischen Sinsheim angereist ist, sieht sich angesichts des Todes versöhnt mit dem politischen Kontrahenten: „Er war eine Persönlichkeit.“

Wie Kohls Grabstätte in Zukunft aussehen wird, darüber vermag der Speyerer Stadtsprecher Matthias Nowack noch nichts zu sagen. Zuständig für die Grabgestaltung und -pflege sei dessen Witwe, die sich darüber mit dem Domkapitel und der Stadt Speyer abstimme. „Die Stadt Speyer werde nicht die Kosten für Blumen und Grabstein übernehmen“, betont Nowack. Die Kommune sei nur für die Pflege des Parks und dessen Verkehrssicherheit zuständig.

Ob sich zukünftig ein Grabtourismus zur letzten Ruhestätte von Helmut Kohl entwickelt, bleibe abzuwarten, sagt Nowack. Sollte ein starkes Besucherinteresse bestehen bleiben, wäre für die Stadt eine entsprechende „Wegweisung“ interessant, sagt er.

Für die Ausgestaltung der Grabes und seine Pflege werde die Kohl-Witwe ­einen Entwurf vorlegen, der vom Domkapitel geprüft werde, informiert Bistumssprecher Markus Herr. Ob auch die Protestantin Maike Kohl-Richter eines Tages ihre letzte Ruhe an der Seite ihres Mannes auf dem Friedhof des Domkapitels finden wird? Bisher sei das Bistum nur für die Beerdigung des Altbundeskanzlers angefragt worden, sagt Herr. „Das Weitere hat Zeit, bis sich die Frage stellt.“ Alexander Lang

 

 

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