Geltung der Menschenrechte betont

Schwerpunktthema der Synode: 500 Jahre Reformation – Eine sichtbare Kirchengemeinschaft angestrebt

Nahe beieinander: Ökumenereferent Stubenrauch (rechts) und Kirchenpräsident Schad während des Podiumgesprächs. Foto: Landry

Mit Blick auf das 500. Reformationsjubiläum appellierte der Generalsekretär der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (Geke), Michael Bünker, an die evangelischen Kirchen, weiter für das Gemeinwohl zusammenzuarbeiten. Als „Kirchen der Diaspora“ sollten sich die Protestanten, die nur zehn Prozent der europäischen Bevölkerung ausmachten, besonders für Minderheitenrechte einsetzen, sagte der evangelische Bischof Österreichs bei seiner Rede zum Schwerpunktthema der Synode „500 Jahre Reformation“.

Es bleibe auch künftig Aufgabe der Kirche, „für die ungeteilte Geltung der Menschenrechte einzutreten und für eine tragfähige Zivilgesellschaft zu arbeiten“, sagte der evangelisch-lutherische Theologe aus Wien. Die mehr als 100 der Geke angehörenden protestantischen Kirchen in Europa sollten zudem weiter darauf hinwirken, dass gesell­schaftliche Vielfalt als Bereicherung erfahren und geschützt werde, sagte Bünker, der der Evangelischen Kirche Augsburgischen Bekenntnisses in Österreich vorsteht.

Die Besinnung auf die Reformation, die Hinwendung zu Jesus Christus und zum Evangelium, stärke die Ökumene und die ökumenische Theologie, sagte Bünker. Die ökumenische Ausrichtung des Reformationsjubiläums, besonders zur katholischen Kirche, biete Chancen für vertiefte theologische Dialoge. Dies diene „der Klärung und Profilierung der christlichen Botschaft in ihrer reformatorischen Entfaltung ohne konfessionalistische Verengung“. Die Erinnerung an die Reformation mache Mut, Autoritäten zu hinterfragen, aus der Angstgebundenheit auszubrechen, Verantwortung für die Mitmenschen anzumahnen und sich den Herausforderungen zu stellen. Angesichts von Traditionsabbrüchen und wachsendem Fundamentalismus müssten die Kirchen in Europa auf ihre friedensstiftenden Kräfte hinweisen, sagte der pfälzische Kirchenpräsident Christian Schad bei einer Podiumsdiskussion. Ein positiver Effekt des Reformationsjubiläums könnten weitere Schritte zur Abendmahlsgemeinschaft für konfessionsverschiedene Paare sein. Ziel sei nicht die Einheit unterschiedlicher Kirchen, sondern „eine sichtbare Kirchengemeinschaft“.

Die Kirchen hätten als gemeinsamen öffentlichen Auftrag, das Evangelium zu verkünden, ergänzte der Ökumenereferent im Bistum Speyer, Thomas Stubenrauch. Die christlichen Konfessionen dürften sich nicht mehr voneinander abgrenzen, sondern müssten sich „als gemeinsames christliches Angebot der Gesellschaft vorstellen“. Die Suche nach dem gemeinsamen, gnädigen Gott müsse alle Christen umtreiben. epd

Die Zahl der Pfarrer schrumpft

Trotz sinkender Mitgliederzahlen und deutlicher Reduzierung der Pfarrstellen ist die Eigenständigkeit der pfälzischen Landeskirche nach Ansicht von Oberkirchenrätin Marianne Wagner nicht gefährdet. Die Landeskirche werde vor Ort präsent und mit gesamtkirchlichen Diensten gesellschaftlich relevant und prägend bleiben, sagte Marianne Wagner bei der Vorstellung des Personalberichts vor der pfälzischen Landessynode in Speyer. Nach einer Modellrechnung wird die Landeskirche 2030 noch rund 439?000 Mitglieder haben. Derzeit sind es rund 520?000.

Nach der von Wagner vorgestellten Modellrechnung wird sich in den kommenden 20 Jahren die Zahl der Pfarrer um mehr als 40 Prozent verringern. Derzeit hat die Landeskirche 566 Pfarrer, im Jahr 2037 werden es laut Prognose noch 322 sein. Diese Entwicklung werde die Kirche stark verändern, sagte Wagner. Es sei nötig, ohne Angst verschiedene neue Wege kirchlicher Arbeit auszuprobieren. Dabei dürften auch Fehler gemacht werden, aus denen die Kirche lernen könne. Die Modellrechnung geht weiter davon aus, dass in den Jahren 2020 bis 2030 im Schnitt jährlich 25 Pfarrer in den Ruhestand gehen und zehn neu ihren Dienst antreten. Die Ruhestandseintritte seien recht ­zuverlässig vorauszuberechnen, sagte Wagner, die Zahl der neuen Pfarrer nach den Studentenzahlen eher nicht.

Die Oberkirchenrätin will auch in Zukunft an der Messzahl von 1900 Gemeindemitgliedern pro Pfarrer festhalten. Allerdings werde sich in den kommenden Jahren die Kirche vor Ort verändern. Es müsse gelingen, stärker zur Beteiligungskirche zu werden und mehr Ehrenamtliche an der Arbeit in den Gemeinden zu beteiligen. Die Hauptamtlichen müssten nicht alles machen. epd

Räumung des Kirchenasyls verurteilt

Synode bezeichnet den Eingriff der Vollzugsbehörden als unverhältnismäßig und bundesweit beispiellos

Die Synode der Evangelischen Kirche der Pfalz hat zum Abschluss ihrer Frühjahrstagung die gewaltsame Räumung eines Kirchenasyls in Ludwigshafen verurteilt. Der Eingriff der Vollzugsbehörden sei unverhältnismäßig und bundesweit beispiellos gewesen, heißt es in einem von der Landessynode mit großer Mehrheit angenommenen Antrag. Am Dienstag vergangener Woche hatte die Polizei eine dreiköpfige koptische Flüchtlingsfamilie aus Ägypten in den Räumen der evangelischen Stadtmission festgenommen. Sie wurde noch am selben Abend vom Stuttgarter Flughafen aus in ihre Heimat abgeschoben.

Die Synode nehme besorgt zur Kenntnis, dass derzeit Gemeinden, die Kirchenasyl gewähren, von den Vollzugsbehörden massiv unter Druck gesetzt würden, heißt es in dem Antrag. Die Landesregierung von Rheinland-Pfalz wird aufgefordert, mäßigend auf die Verantwortlichen vor Ort einzuwirken und Sorge dafür zu tragen, dass die Kommunikation unter denen am Kirchenasyl beteiligten Parteien stattfinde und Absprachen eingehalten werden.

Kirchenpräsident Christian Schad soll nach dem Willen der Synode zusammen mit dem rheinischen Präses und dem hessen-nassauischen Kirchenpräsidenten die Haltung der Kirche gegenüber der Landesregierung deutlich machen und dazu aufrufen, die derzeitige Praxis der Räumung von Kirchenasylen zu stoppen. Die Landessynode stellt klar, dass das Asyl für Menschen, denen bei einer Abschiebung Gefahr für Leib und Leben drohe oder deren Asylantrag noch nicht abschließend geprüft sei, ein Instrument der Nächstenliebe und somit Auftrag der Kirche sei. Der Ausreisedruck auf Flüchtlinge sei in den vergangenen Monaten enorm gestiegen.

Kirchenasyl sei kein eigenständiges Rechtsinstrument, und die Kirche erkenne das staatliche Gewaltmonopol an, heißt es in der Antragsbegründung. Kirchenasyl werde deshalb ausschließlich als letztes Mittel und nach reiflicher Abwägung aller Fakten gewährt. In der Vergangenheit habe Kirchenasyl immer wieder humanitäre Härten verhindert und damit der Kernaussage des Grundgesetzes von der unverletzlichen Würde des Menschen Rechnung getragen. Wie verantwortlich die Kirchen mit dem Instrument des Kirchenasyls umgingen, belegten die Zahlen: 2016 habe es acht Fälle in den evangelischen Kirchen in Rheinland-Pfalz gegeben, im Jahr 2017 seien es bisher 14 gewesen. epd

Menschenwürde unabhängig von Nationalität

Kirchenpräsident Christian Schad sieht die Kirchen in der Pflicht – Position gegen Populismus beziehen

Zu den größten gesellschaftlichen Aufgaben der kommenden Jahre gehöre es, mit Fremdheit und kultureller Vielfalt konstruktiv umzugehen, sagte Kirchenpräsident Christian Schad in seinem Bericht vor der Landessynode. Es sei keine politische Gesamtstrategie erkennbar, die zukünftig Menschen aus armen und von Gewalt heimgesuchten Ländern abhalten könne, sich auf die Flucht zu begeben, um ein sicheres und besseres Leben zu suchen.

In diesem Umfeld wachse die Sehnsucht nach einfachen Lösungen für komplexe Probleme und nach homogenen Lebenswelten, sagte der Kirchenpräsident. Das schaffe Raum für politischen Extremismus und populistische Parolen. Durch gezielte Provokationen habe etwa die AfD die zivilen und humanen Grundlagen der Debattenkultur in Deutschland beschädigt. Immer häufiger würden Vorstellungen propagiert, die die Anerkennung der Menschenwürde und der Menschenrechte von der Zugehörigkeit zu einem Volk, einer Nation oder zum sogenannten christlichen Abendland abhängig machten.

Gegen diese Einstellungen muss die Kirche nach Schads Worten eindeutig Position beziehen. „Von der Mitte des Evangeliums her, gilt für jeden Menschen, unabhängig von seiner Zugehörigkeit zu einem politischen Gemeinwesen oder einer kulturellen oder religiösen Gemeinschaft, die universale Norm des Respekts und der Anerkennung.“ Deshalb setzten sich die Kirchen dafür ein, dass Deutschland weiter gastfreundlich bleibe und die Integration der Migranten vorankomme.

Evangelische und katholische Kirche führten gemeinsam die Auseinandersetzung mit dem Rechtspopulismus und setzten sich zusammen für die Unterstützung und Integration von Geflüchteten ein, sagte Kirchenpräsident Schad. Gerade in einer Zeit, in der Konfessionen und Religionen gegeneinander in Stellung gebracht würden, sei die ökumenische Geschwisterlichkeit von Protestanten und Katholiken ein starkes Zeugnis für den Frieden in der Welt. Die heute gelebte Einheit in versöhnter Verschiedenheit der Christen zeige, dass die Spaltung und tiefe Feindseligkeit überwunden werden könnten. epd

Die Segnung wird amtlich

Mit Eintrag ins Kirchenbuch – Lutz: Der Eheschließung gleichgestellt

Gleichgeschlechtliche Paare können in der Evangelischen Kirche der Pfalz ihre Beziehung jetzt kirchenrechtlich verbindlich segnen lassen. Die pfälzische Landessynode hat auf ihrer Frühjahrstagung in Speyer einstimmig und ohne Diskussion beschlossen, die Segnung zu einer Amtshandlung zu machen, die ins Kirchenbuch eingetragen wird. Damit werde die Segnung kirchenrechtlich einer Eheschließung gleichgestellt, ohne die beiden Sachverhalte auch begrifflich als Trauung gleichzusetzen, sagte Oberkirchenrat Dieter Lutz.

Durch den Beschluss würden gleichgeschlechtliche Paare nach den kirchenrechtlichen Bestimmungen über Kirchenbücher genauso behandelt wie heterosexuelle Paare, sagte Lutz. Deshalb werde das bisherige Traubuch in „Kirchenbuch über Gottesdienste anlässlich von Eheschließungen und der Begründung Eingetragener Lebenspartnerschaften“ umbenannt. Allerdings wird die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare nicht als Amtshandlung in die Verfassung aufgenommen. Diese Unterscheidung geht nach den Worten von Lutz auf einen Beschluss der Synode aus dem Jahr 2002 zurück. Damals wurde beschlossen, dass in einer Gemeinde das Presbyterium zustimmen muss, wenn eine Segnung gleichgeschlechtlicher Paare vollzogen werden soll. Außerdem kann ein Pfarrer nicht verpflichtet werden, einen entsprechenden Gottesdienst abzuhalten. Deshalb werde die neue Amtshandlung nur in der Kirchenbuchordnung verankert, jedoch nicht in der Verfassung, sagte Lutz. Wenn die Amtshandlung in die Verfassung aufgenommen würde, wären Pfarrer verpflichtet, sie zu vollziehen.

Die Regelung versuche, sowohl dem Gewissen und der Auffassung derjenigen gerecht zu werden, die eine gottesdienstliche Begleitung von Menschen in eingetragenen Lebenspartnerschaften befürworten, als auch derjenigen, die dies ablehnen, sagte Lutz. epd

Legislaturperiode bleibt bei sechs Jahren

Neues Rechnungswesen soll Kirchenfinanzen transparenter machen – Diener lobt Reformationsjubiläum

Die Landeskirche hat mit der Vorbereitung der Presbyteriumswahl 2020 begonnen. Die Landessynode diskutierte mehrere Empfehlungen eines Arbeitskreises für eine Änderung des Wahlrechts. Dabei wurde vor allem nach Wegen gesucht, wie Kirchengemeinden ausreichend Kandidaten gewinnen können. Vor allem kleine Gemeinden hätten in diesem Punkt Probleme, sagte die Leitende Rechtsdirektorin Jill Rohde.

Die Synode war mehrheitlich der Ansicht, dass die Mindestgröße eines Presbyteriums weiterhin vier Personen betragen soll. Allerdings sollen Gemeinden mit mehr als 500 Gemeindemitgliedern zukünftig die Presbyteriumsgröße auf Antrag um zwei statt bisher ein Mitglied verringern dürfen. Abgelehnt hat die Synode, das Mindestalter für die Wählbarkeit in Presbyterien von 18 auf 16 Jahre zu senken. Ebenso wies sie einen Antrag zurück, mit dem das Verbot aufgehoben werden sollte, dass nahe Angehörige gemeinsam einem Presbyterium angehören dürfen. Die Synode folgte der Empfehlung, die Dauer einer Legislaturperiode bei sechs Jahren zu belassen. Das Einführen einer Online-Wahl lehnte sie ab.

Beschlossen hat die Synode, schrittweise das bisher geltende kameralistische Rechnungswesen in eine erweiterte Kameralistik umzubauen. Durch das neue Finanzsystem sei es nicht nur wie bisher möglich, Einnahmen und Ausgaben aufzuzeigen, sondern auch den Verbrauch von Ressourcen einzelner Arbeitsbereiche deutlich zu machen, sagte Oberkirchenrätin Karin Kessel. Mit der neuen Buchhaltung sei es zudem möglich, die Entwicklung der Finanzen der Kirche transparenter zu machen.

Zu Beginn der Frühjahrstagung hatte der Präses des Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverbands, Michael Diener, die Prägekraft des Reformations­jubiläums für Kirche und Gesellschaft gewürdigt. Die Feierlichkeiten seien durch ökumenische Akzente gekennzeichnet, wie es sie in den 500 Jahren seit der Reformation noch nie gegeben habe, sagte Diener, der Pfälzer Pfarrer ist und Dekan in Pirmasens war. Dies sei für die Gesellschaft ein überfälliges Zeichen einer wachsenden Einmütigkeit der Kirchen. epd

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