Gemeinsam für soziale Gerechtigkeit

Gregor Gysi spricht in der Gedächtniskirche Speyer – Veranstaltung der Kirchengemeinde zur Reformation

Sprach in der Veranstaltungsreihe „9,5 Thesen“ der Gedächtniskirchengemeinde zur fünften These „Ich muss immer besser werden“: Der Linken-Politiker Gregor Gysi. Foto: Landry

In der voll besetzten Gedächtniskirche: Gregor Gysi und Dekan Markus Jäckle vor dem Vortrag des Politikers der Linken. Foto: Landry

Der bekennende Atheist Gregor Gysi plädiert dafür, dass sich Christen und Sozialisten gemeinsam für Ziele der sozialen Gerechtigkeit einsetzen, die der Bergpredigt entsprechen. Ihm gehe es dabei um politische Toleranz und menschliche Nächstenliebe, betonte Gysi am vergangenen Sonntag in der Gedächtniskirche Speyer.

Gysi forderte Christen und Sozialisten dazu auf, sich gemeinsam dafür einzusetzen, dass sich die immer größer werdende Kluft zwischen Reich und Arm in Deutschland und in Europa Schritt für Schritt wieder schließe. Neben den Kriegen seien die ungleichen Lebensbedingungen in Europa und Afrika die Ursache der Flüchtlingsströme. Im Zeitalter der digitalen Medien werde das auch in Afrika bekannt und verändere die Welt. Wer in einer solchen Situation Mauern baue, verliere seine Sicht auf die Außenwelt und müsse dann erfahren, dass alle kommen. Gysi sprach sich dafür aus, die Fluchtursachen sofort zu bekämpfen.

Gysi redete aus Anlass der 500-Jahr-Feier der Reformation in der Veranstaltungsreihe „9,5 Thesen“ der Kirchengemeinde zur fünften These: „Ich muss immer besser werden.“ Er sagte: „Ich glaube nicht an Gott, aber ich fürchte mich vor einer gottlosen Gesellschaft.“ Ohne die Kirchen gäbe es in dieser Gesellschaft überhaupt keine allgemein verbindliche Moral. Und dafür sei die Bergpredigt Maßstab für das persönliche Handeln. Buße bedeute das Innewerden von Schuld und die Reflexion von Handlungsalternativen. Zur Reformation sagte Gysi, dass der Ablasshandel die Kirche missbraucht habe, weil das Geld ja nicht zu Gott, sondern nach Rom geflossen sei. Als Verdienst Luthers bezeichnete Gysi die Übersetzung der Bibel ins Deutsche: „Man legte damals Wert darauf, nicht verstanden zu werden.“ Luther habe zu seinen Einsichten gestanden. Er habe die Welt verändert und dem Kapitalismus den Weg bereitet, der im Vergleich zum Absolutismus aber schon ein Fortschritt gewesen sei. Gysi äußerte sich auch kritisch zur Chancengleichheit aktiver Christen in der DDR. Damals habe er verstanden, dass verbriefte Rechte nicht ausreichen, sondern deren Umsetzung entscheidend sei.

Die Reihe „9,5 Thesen“ hat mit dem Elsässer Journalisten Martin Graff begonnen und wird am 11. Juni mit dem Intendanten der Staatsphilharmonie Michael Kaufmann fortgesetzt. mez

 

 

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