Dem Schulstress für eine Weile entkommen

Ökumenisches Förderprojekt „Raum der Stille“ geht im Sommer bereits ins fünfte Jahr – 15 Schulen finanziell und durch Beratung unterstützt

Innere Ruhe: Im „Raum der Stille“ im Helmholtz-Gymnasium Zweibrücken lernen Schüler Entspannungsübungen kennen. Foto: Steinmetz

Schüler und Lehrer haben in einigen Schulen die Möglichkeit, in „Räumen der Stille“ zur Ruhe zu kommen. Seit vier Jahren haben das Bistum Speyer und die Evangelische Kirche der Pfalz hierzu ein Förderprogramm aufgelegt. Dabei geht es um Raumsuche, Gestaltung und Konzepte zur Nutzung. Dafür besuchen die Beteiligten schulinterne Fortbildungen, in denen es um Methoden geht, die zur Stille führen.

Besonderer Anreiz für die Schulen ist die finanzielle Förderung: Bis zu 1000 Euro pro Projekt steuern die Kirchen für die Ausstattung des Raums bei, sagt Monika Schuster vom Referat Ganztagsschule des Bischöflichen Ordinariats. Sie hatte zuvor als Lehrerin in einer Ganztagsschule gearbeitet. „Wenn die Schüler gestresst oder müde waren oder in seelsorgerischen Dingen auf mich zugekommen sind, habe ich gemerkt, es fehlt ein Raum für Gespräche, Entspannungsübungen oder einfach Ruhe“, sagt Schuster. So initiierte sie zusammen mit der Landeskirche das Projekt.

Mit Erfolg. 15 Schulen wurden seit Beginn im Schuljahr 2013/2014 gefördert, im vergangenen Schuljahr waren es sechs. „Aktuell laufen zwei bis drei weitere Förderanträge“, sagt Schuster. Einen davon hat die Berufsbildende Schule Technik II in Ludwigshafen gestellt. Dort kamen die Impulse für solch einen Rückzugsort von Schülern. „In der Berufsoberschule sind deswegen ältere Jungen auf mich zugekommen“, sagt Laura Enders, Lehrerin für katholische Religion, Deutsch und Deutsch als Fremdsprache. „Das habe ich noch nicht erlebt.“ Aber auch die Lehrer hoffen auf solch einen Raum. Zusammen mit ihrer evangelischen Kollegin Kerstin Bartels hat die 30-Jährige vor Weihnachten und Ostern bisher 15-minütige Andachten in einem Klassenzimmer für Lehrer gestaltet, die stark nachgefragt waren. „Aber der musste jedes Mal freigeräumt werden.“ Dass die Räume laut Fördervorgaben weltanschaulich neutral eingerichtet werden, auch wenn dort Andachten stattfinden können, unterstützt Enders. „Schließlich haben wir allein rund 100 muslimische Schüler hier.“ Aktuell werden an der Schule mehrere Optionen für einen Raum der Stille geprüft. Dabei geht es nicht nur um die Gestaltung, die unter anderem Schüler aus Maler- und Schreinerklassen übernehmen könnten. „Auch Schall- und Brandschutzvorgaben müssen eingehalten werden.“

Das Helmholtz-Gymnasium Zweibrücken ist schon weiter. Dort wurde erst am vergangenen Mittwoch ein solcher Raum eingeweiht. „Die Idee bestand schon länger, da wir zum neuen Schuljahr Ganztagsschule werden, wollten wir das jetzt unbedingt umsetzen“, sagt Schulleiterin Kerstin Kiehm. Im „Raum der Stille“ wird eine Yoga-AG stattfinden. Aber auch Abiturienten können dort vor Prüfungen zur Ruhe kommen. Seit vergangenem Sommer hatte ein Arbeitskreis an der Umsetzung gearbeitet.

Dass die Initiativen keine Strohfeuer sind, bestätigen Rückmeldungen in Netzwerktreffen der Schulen. „Es ist bisher noch kein Raum wieder abgeschafft worden“, sagt Schuster. Um auch Schulen zu erreichen, die aus Raumnot nicht am Förderprogramm teilnehmen können, bietet sie zusammen mit Gisela Scherer vom Religionspädagogischen Zentrum Kaiserslautern, die die Seite der Landeskirche vertritt, seit diesem Jahr Workshops an, die allen Schulen offenstehen. An den kommenden drei Terminen können Teilnehmer Rituale aus dem Yoga, Tai Chi, Qigong oder Braingym ausprobieren.

Das Interesse an Methoden zur Stille macht Schuster in einem Gegentrend zur Überallverfügbarkeit fest. Nicht erreichbar sein, sich auf sich selbst konzentrieren werde wichtiger. Auch deshalb ist sie sicher, dass das Bistum auch im kommenden Jahr Geld für bewilligte Anträge bereitstellt. Das Projekt laufe, „solange wir das Gefühl haben, dass der Bedarf vonseiten der Schulen da ist“. Kirchenrat Thomas Niederberger von der Landeskirche will sich so genau noch nicht festlegen. Prinzipiell sei das Projekt bis Ende 2017 angedacht gewesen. Falls die Mittel noch nicht ausgeschöpft sind, würde aber auch die Landeskirche über eine Verlängerung der Förderung nachdenken. „Ich hoffe, dass es weitergeht“, sagt er. Florian Riesterer

Meistgelesene Artikel