Kellerkneipe „Kreuz und Quer“ steht vor dem Aus

Trägerverein stellt Antrag auf Insolvenz bei Amtsgericht Landau – Vorsitzender: Monatliche Fixkosten von 5000 Euro nicht mehr zu schultern

Ein maßgeblicher Initiator und langjähriger Begleiter des Projekts: Gerd Weber in der Kellerkneipe „Kreuz und Quer“. Foto: Iversen

Woche für Woche, an jedem Mittwochnachmittag, stieg Harald B. (Name von der Redaktion geändert) die Stufen zur Kellerkneipe „Kreuz und Quer“ in der Landauer Kronstraße hinab, drei Jahre lang. „Ohne dieses Angebot – ich weiß nicht, ob ich’s je gepackt hätte.“ Zehn Jahre ist der Alkoholiker jetzt trocken, die Treffs der Selbsthilfegruppe – nach Entgiftung und Therapie – waren damals nicht sein „Strohhalm, sondern schon der dicke Ast, um aus dem Sumpf zu kommen“.

Bereits Anfang August musste der Trägerverein „Ichthys e.V.“ beim Amtsgericht Landau Antrag auf Insolvenz stellen. Damit ist das Ende des ökumenischen Non-Profit-Projekts als alkoholfreies Bistro mit Kleinkunstprogramm und Treffpunkt für Selbsthilfegruppen besiegelt. Am 23. September, 20 Uhr, heißt es zum letzten Mal „Bühne frei“; ein ökumenischer Abschieds- und Dankgottesdienst am 25. September, 11.30 Uhr, soll den endgültigen Schlusspunkt setzen.

Die laufenden Aufwendungen für Miete, Strom, Betriebskosten, Gema-Gebühren, Versicherung, Künstlergagen, Teilzeit- und Minijobberlöhne überforderten „Ichthys“ zuletzt komplett. Um sich nicht der Insolvenzverschleppung schuldig zu machen, musste der Vereinsvorstand unverzüglich handeln. „Die monatlichen Fixkosten von rund 5000 Euro sind nicht mehr zu schultern“, schrieb Gerd Weber, Leiter von „Kreuz und Quer“ und Vorsitzender des Trägervereins, in einem Brief an die 150 Vereinsmitglieder Mitte August.

Ideengeber für ein alkoholfreies Kneipenangebot unter christlicher Flagge war in den 1990er Jahren unter anderen Manfred Croissant, Landauer Stadtrat und Presbyter sowie Leiter der Abteilung Suchttherapie des Pfalzklinikums Klingenmünster. Da Pfarrer Gerd Weber vom Missionarisch-ökumenischen Dienst ein ähnliches Konzept vorschwebte, tat man sich zusammen.

Der leer stehende Kellertreff der Stiftskirchengemeinde in der Kronstraße 38 bot sich an. Ein Trägerverein – „Ichthys e.V.“ – gründete sich 1994. Ihm wurde nach Vorlage des Konzepts von der Sparkasse SÜW Landau ein Kredit über 600 000 Mark – ohne Sicherheiten – gewährt, den dieser in die Sanierung und Ausstattung der Räumlichkeiten investierte und danach 13 Jahre lang abwohnte.

Neben Privatpersonen und öffentlichen Institutionen engagierten sich im Projekt, das im Dezember 1999 an den Start ging, die katholischen und protestantischen Landauer Stadtgemeinden, aber auch Stadtmission, lutherische Kirche und Freie Christen waren mit im Boot. Eine Kleinkunstbühne wurde jeden Freitagabend mit Lesungen, Kammermusik, Jazz, Kabarett oder Varieté bespielt. Es gab ein Angebot an alkoholfreien Cocktails nebst kleiner Speisekarte. Zudem bot das Projekt Raum für Treffs von Selbsthilfegruppen wie den Anonymen Alkoholikern, Menschen mit Depression oder kehlkopflosen Menschen – insgesamt ein Angebot mit Alleinstellungsmerkmal in der Region.

Aber – so schreibt Gerd Weber – „nicht nur wir, sondern auch unser Umfeld hat sich gewandelt“. Mit der Kleinkunst werben mittlerweile viele Spielstätten, die Kneipen sind rauchfrei, und problemlos wird auch fündig, wer nur Saft und Selters bevorzugt. Ab 2013 wurde von der Stiftskirchengemeinde vereinbarungsgemäß Miete in Höhe von 1500 Euro im Monat fällig. Ausschüttungen von Stiftungen entfielen aufgrund der Niedrigzinspolitik, und auch die Sponsorendecke wurde dünner. Das Ergebnis der Frühjahrsaktion von Gerd Weber, in Sachen Geldbeschaffung all die Jahre ein wahrer Zauberkünstler, war mehr als ernüchternd.

Bedauern über die Schließung äußert auch Dekan Volker Jahnke und verweist auf das zusätzliche finanzielle Engagement der Gesamtkirchengemeinde, die dem Verein „Ichthys“, auf Jahre verteilt, etwa 100 000 Euro aus einer Erbschaft, außerdem monatlich 100 Euro, über den Jahresbeitrag von 150 Euro hinaus, habe zukommen lassen. Er stellt in Aussicht, dass sich das Presbyterium der Stiftskirchengemeinde Landau Gedanken mache über ein Nachfolgeprojekt für die Kellerkneipe. Gertie Pohlit

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