Kirche und Gemeindehaus in einem

Energieeinsparung am Beispiel der Homburger Gemeinde Bruchhof-Sanddorf – Prämiertes Klimaprojekt

Moderner Kirchenraum mit variabler Bestuhlung: Das Glastriptychon des Künstlers Eugen Keller im Mittelpunkt. Foto: Paustian

Das Leitmotto der Klimaschutzinitiative der Evangelischen Kirche der Pfalz „Wir sind erneuerbar“ prangt auch auf der aktuellen Broschüre mit dem bestätigenden Titel „Vorbildgemeinden 2016“. Die Arbeitsstelle Frieden und Umwelt – Herausgeberin der Veröffentlichung – rückt darin alljährlich zehn Gemeinden in den Fokus, deren Beitrag zum nachhaltigen Umgang mit Ressourcen beispielgebend ist.

Eine damit verbundene Prämie von 1000 Euro ist zwar eher ein Tropfen auf den heißen Stein, betrachtet man Investitionen, die oftmals erst einmal getätigt werden mussten. Was jedoch zählt, sind Anerkennung, die Ermutigung für andere Gemeinden sowie das Potenzial an Ideen. Am Anfang stehen oft nur leere Kassen und ein Utopia an Fantasie.

Dass Stehvermögen und ein Zusammenspiel aller Kräfte vorort letztlich doch zu achtenswerten Zielen führen, dafür steht die Initiative der Homburger Vorstadtgemeinde Bruchhof-Sanddorf. Sie ist mit 80 Prozent Energieeinsparung der „Shootingstar“ im Broschürenkatalog. Freilich, sie musste die ganz große Lösung umsetzen.

Pfarrerin Petra Scheidhauer führt mit sichtlichem Stolz durch ihre schmucke Kirche, die seit 2015 simultan als Gemeindezentrum dient. „Das benachbarte Gemeindehaus Wichernheim war in die Jahre gekommen; eine Dachsanierung stand an, in Zeiten steigender Ölpreise haben die Energiekosten für Kirche und Haus uns finanziell regelrecht ausgesaugt.“ Dass man sich vom Gemeindehaus trennen würde, darüber herrschte 2009 rasch Konsens im Presbyterium. Das Gebäude mitten im Naturschutzgebiet zu veräußern, erwies sich zunächst als die eigentliche Herkulesaufgabe. Ein Glücksfall hingegen war von Beginn an der Kontakt zum Fachbereich Architektur der Technischen Universität Kaiserslautern.

„23 Studierende der Professoren Johannes Modersohn und Dirk Bayer rückten hier an“, erzählt die Pfarrerin. „Die Aufgabe lautete: Aus zwei mach eins, und das bedeutete nichts weniger, als Spiritualität und Funktionalität stimmig unter ein Dach zu bringen.“ Vier sehr konträre Entwürfe lagen letztendlich auf dem Tisch, wurden der Gemeinde präsentiert, diskutiert, überarbeitet, wieder diskutiert. Das Votum fiel dann sehr eindeutig aus – die Kooperation mit den Kaiserslauterern, jetzt in der Bauleitung, trug weiterhin Früchte.

Was den Besucher heute empfängt, ist ein ästhetisch bis ins Detail durchgestalteter moderner, heller Kirchenraum mit variabler Bestuhlung, dessen behütend heimelige Aura regelrecht körperlich spürbar ist. Seitlich zum (gedrehten) Kirchenschiff gibt es Nebenräume mit Küchenzeile, barrierefreie Toilette, Stauflächen, auf den beiden Emporen können sich Konfirmanden oder Presbyter um Tischzeilen gruppieren.

Genügsamkeit und Bescheidenheit. Diese zwei Kriterien waren auch zielgebend bei der baulichen Umsetzung. „Das Mobiliar für den Gemeinderaum, Bänke und Stühle für die Emporen, Altar, Taufstein und unsere schönen hölzernen Liedtafeln – das alles wurde hier integriert und macht den besonderen Charme des Interieurs aus“, schwärmt Petra Scheidhauer. Auch habe man nur regionale Anbieter in den Ausschreibungen berücksichtigt und darauf geachtet, dass heimische Materialien Verwendung finden. Die Walker-Orgel behielt ihren Platz auf der Empore. Auch das Glas­trip­ty­chon des Künstlers Eugen Keller fügt sich organisch in den neuen Zuschnitt des Raums ein – nur dass die Fenster jetzt energetisch gedämmt sind.

Auch die schwierige Suche nach einem kirchenaffinen Käufer für das Gemeindehaus kam zwischenzeitlich zu einem geradezu idealen Ende und hat der Kirchengemeinde eine schöne fünfstellige Summe in den Sanierungstopf gespült. Einem Bestattungsunternehmer kamen die Räume sehr zupass.

Jenseits von Baufortschritt und äußerem Glanz strahlte das Projekt noch in andere Sphären. „Man spürte so ein wunderbares Engagement“, schwärmt Petra Scheidhauer. „Vom Architekten bis zum kleinsten Handwerker machte jeder die Kirche zu seiner Sache.“

Während der Umbauphase bot die katholische Gemeinde freundschaftlich Asyl. Das hat das ökumenische Miteinander gestärkt. Das Gemeindeleben floriert, die Gruppen fühlen sich zuhause, ob die Stühle nun gottesdienstlich in Reih und Glied postiert sind oder beim Erntedankfest weiß gedeckte Tische zum Miteinander einladen – die Pfarrerin ist sehr dankbar … Gertie Pohlit

Zahlen und Fakten

Das Gesamtvolumen Sanierungskosten des Projekts in Bruchhof-Sanddorf beläuft sich auf 350 000 Euro. Der Betrag war veranschlagt und wurde nicht überschritten. Beim Verkauf des Gemeindehauses wurden 70 000 Euro eingenommen.

Energie-Check-Bilanz: 2005 wurden für zwei Gebäude 7250 Liter Öl verbraucht und 3400 Kilowattstunden Strom. Der Verbrauch für die sanierte Kirche 2015 betrug 1500 Liter Öl und 700 Kilowattstunden Strom. Das entspricht einer energetischen Einsparung in Höhe von 80 Prozent.

Beim bundesweiten Wüstenroth-Wettbewerb „Kirchen und ihre Zukunft“ erreichte die Gemeinde den dritten Platz. gpo

Zehn Antworten zur Bewahrung der Schöpfung

Umweltmanagement – der Begriff ist in aller Munde und er subsummiert viele Möglichkeiten, sich der Schöpfung bewahrend und pflegend zuzuwenden. Die Vorbildgemeinden 2016 geben darauf zehnfach Antwort. Nicht immer muss es gleich die „große“ Maßnahme sein wie am Beispiel der Homburger Gemeinde. Da kann der Umstieg auf E-Mobilität und die richtige Programmierung der Gastherme schon ungeahnte Effekte zeitigen, so im Fall der Gemeinde Dierbach; oder das Heizen mit Pellets und Kupfernetze im System, wodurch die Kirchengemeinde Gries jetzt 43 Prozent an Heizkosten einspart. Andernorts wird in der Kindertagesstätte eigenes Gemüse angebaut und der Einkauf nachhaltig, das heißt fair und regional gestaltet.

„Unsere kleine Hitliste der Vorbildgemeinden hat sich als Ideen- und Mutspenderin bestens bewährt“, sagt Sibylle Wiesemann, Klimaschutzbeauftragte der Landeskirche. „Dort sind individuelle Erfahrungen versammelt, werden Ansprechpartner genannt.“ Darüber hinaus stelle die Arbeitsstelle Frieden und Umwelt Materialien bereit, die detailliert Auskünfte geben zum aktiven Klimaschutz in Gemeinden, so etwa die 2015 herausgegebene Handreichung oder das Praxis-Brevier zur „Photovoltaik für Kirchengemeinden“.

„Weiterhin haben wir uns Partner ins Boot geholt, die uns beim nachhaltigen Einkauf, beispielsweise von recyclebarem Büromaterial oder ökologisch einwandfreien Reinigungsmitteln, unterstützen“, erläutert Wiesemann. „So können wir Rabatte an die Kirchengemeinden weitergeben.“ Informationsfluss und Vernetzung spielen ihrer Ansicht nach eine entscheidende Rolle. „Und da kommen wir als Dienstleister auf den Plan – wir wollen überzeugen durch individuelle Beratung und konkrete Unterstützung.“

Broschüre und Informationen sind erhältlich bei der Arbeitsstelle Frieden und Umwelt, Große Himmelsgasse 3, 67346 Speyer, Telefon 0 62 32 / 67 15-18; wiesemann(at)nospamfrieden-umwelt-pfalz.de, www.frieden-umwelt-pfalz.de. gpo

Meistgelesene Artikel