Die erste Pfarrerin wird Oberkirchenrat

Die pfälzische Landessynode wählt Marianne Wagner nach einem Abstimmungskrimi im vierten Anlauf

Tritt im September die Nachfolge von Oberkirchenrat Gottfried Müller an: Marianne Wagner bei ihrer Vorstellungsrede. Fotos: Landry

Die pfälzische Landessynode tagt im Bad Dürkheimer Martin-Butzer-Haus: Das Plenum stimmt ab – mit und ohne Karte.

Die Pfälzer Pfarrerin Marianne Wagner ist die erste geistliche Oberkirchenrätin der Evangelischen Kirche der Pfalz. Die Leiterin des Amts für Weltmission der Landeskirche setzte sich in Bad Dürkheim im vierten Wahlgang mit 39 zu 26 Stimmen gegen den badischen Kirchenrat Michael Löffler durch. Drei Landessynodale enthielten sich. Nach dem zweiten Wahlgang waren der Leiter des evangelischen Trifelsgymnasiums, Pfarrer Steffen Jung, und Pfarrer Martin Schuck ausgeschieden.

Die 54-jährige Wagner will in ihr neues Amt ihre internationale Erfahrung aus dem Amt für Weltmission einbringen. Weltweit gebe es Kirchen, die zu großen Teilen von Ehrenamtlichen getragen werden, sagte sie. Auch die pfälzische Landeskirche müsse stärker eine Beteiligungskirche werden. Sie wolle dazu beitragen, dass für die nö­tigen Strukturveränderungen Erprobungsräume geschaffen werden. Die Kirche dürfe dabei keine Angst vor Fehlern haben. Für kirchenleitendes Handeln seien die Orientierung an der Bibel und das Gebet existenziell. Sie freue sich, dass sie im Martin-Butzer-Haus in Bad Dürkheim gewählt worden sei, sagte Wagner sichtlich bewegt.

Vor dem Haus erinnert ein Gedenkstein an die erste Frauenordination in der Pfalz. Marianne Wagner ist bereits die dritte Frau, die für das Amt einer geistlichen Oberkirchenrätin kandidierte. Die beiden ersten waren 1998 und 2007 gescheitert. Der Wahl Wagners war ein Abstimmungskrimi vorausgegangen. Im ersten Wahlgang lag sie mit 22 Stimmen vor Jung (20), Schuck (14) und Löffler (12). Im zweiten Wahlgang übernahm dann Löffler (24) die Führung vor Wagner (21), Jung (19) und Schuck (4). In der ersten Stichwahl enthielten sich zehn Synodale; auf Wagner entfielen 33 Stimmen, auf Löffler 25. Im vierten Wahlgang erhielt Wagner die absolute Mehrheit.

Marianne Wagner ist im nordpfälzischen Niedermoschel aufgewachsen. Sie studierte Philologie und Evangelische Theologie in Mainz. Nach der zweiten theologischen Prüfung arbeitete sie von 1997 bis 2002 im Kirchenbezirk Neustadt. 2002 übernahm sie das Pfarramt für Weltmission im Missionarisch-Ökumenischen Dienst der Landeskirche. Wagner lebt in Neustadt, ist geschieden und Mutter eines erwachsenen Sohnes. Sie tritt ihr Amt als Nachfolgerin des in Ruhestand gehenden Oberkirchenrats Gottfried Müller im September an. koc

Synode bekennt Schuld ihrer Kirche

Resolution zur Verstrickung in das NS-Regime einstimmig verabschiedet – Handbuch zeigt das Versagen

Die pfälzische Landeskirche hat sich zu ihrer Verstrickung in das NS-Regime und ihrer Mitverantwortung am nationalsozialistischen Judenmord bekannt. Mit ihrem Handbuch „Protestanten ohne Protest“ stelle sich die Landeskirche ihrer Schuldgeschichte zwischen 1933 und 1945, heißt es in einer Resolution, die die Landessynode einstimmig verabschiedet hat. Die Ergebnisse des Buchs sollten vertieft sowie in die Kirchengemeinden und in die Öffentlichkeit getragen werden. Bei einem Schwerpunkttag hatten sich die Synodalen mit der Geschichte der Landeskirche in der NS-Zeit beschäftigt.

Das Handbuch zeige das „individuelle, kollektive und institutionelle Versagen“ der Landeskirche unter dem Hakenkreuz. Vor dem Reformationsjubiläum 2017 und dem pfälzischen Unionsjubiläum 2018 nehme die Synode auch das belastende Erbe der Kirche bewusst wahr. In Arbeitsgruppen und im Plenum hatten die Synodalen intensiv über das Handbuch mit Beiträgen von 60 Autoren zur Rolle der Landeskirche im NS-Staat sowie über den Wortlaut der Resolution diskutiert. Mit ihrem Handbuch setze die Landeskirche einen deutlichen Akzent für die Erinnerungskultur der Evangelischen Kirche der Pfalz, sagte Kirchenpräsident Christian Schad. Die Landeskirche nehme ihr belastetes geschichtliches Erbe an.

Die Erkenntnis der Mitschuld verpflichte die Kirche und jeden einzelnen Christen zu Selbstkritik und Verantwortung, beschlossen die Synodalen. Christen müssten für das Lebensrecht und die Würde aller Menschen sowie für eine offene Gesellschaft einstehen. Sie müssten gegen Judenfeindschaft, islamfeindliche Tendenzen, Rechtspopulismus und Ausgrenzung vorgehen. Kritikfähigkeit und demokratische Streitkultur in der Kirche seien zu fördern. Die Kirche wolle am Gemeinwesen mitwirken und zugleich ihre Unabhängigkeit gegenüber dem Staat wahren. Zur Unterstützung von Projekten zur Aufarbeitung ihrer NS-Vergangenheit stelle die Landeskirche jeweils 50 000 Euro in den nächsten beiden Haushaltsjahren zur Verfügung.

Die Synodalen aus der Pfalz und Saarpfalz bekräftigten, dass die meisten Protestanten 1933 die nationalsozialistische Machtübernahme voller Erwartungen begrüßt hätten. Viele von ihnen hätten sich davon neue missionarische Möglichkeiten erhofft. Keinen offenen Widerstand habe es gegen die Selbstgleichschaltung der Kirche sowie gegen NS-Verbrechen wie die Ermordung von Juden, Kranken und Menschen mit Behinderung gegeben. Alle Ebenen der Landeskirche hätten das NS-Regime und ihre Kriegspropaganda unterstützt. all

Willkommenskultur bekräftigt

Kirchenpräsident Schad: Der einzelne Mensch steht im Mittelpunkt

Kirchenpräsident Christian Schad hat die Willkommenskultur der Kirchen für Flüchtlinge bekräftigt. Mit ihrer konkreten Hilfe für Flüchtlinge leiste die Kirche einen Beitrag zum Zusammenhalt der Gesellschaft, sagte Schad in seinem Bericht vor der Synode. Dabei stehe der einzelne Mensch und nicht die Flüchtlinge als Statistik oder anonyme Flut im Mittelpunkt.

Der Kirchenpräsident dankte den vielen Helfern in den Kirchengemeinden und kirchlichen Diensten. Sie alle trügen dazu bei, die gesellschaftliche Mammutaufgabe zu lösen, den rund eine Million Flüchtlingen aus Kriegs- und Krisengebieten im vergangenen Jahr Schutz zu gewähren und vielen von ihnen eine neue Heimat zu eröffnen. Bei seinen Besuchen in Einrichtungen für Asylbewerber habe er erfahren, dass das Engagement der Kirche von vielen Menschen anerkannt werde. Er habe Verständnis für Menschen, die sich als Verlierer gesellschaftlicher Verteilungsprozesse fühlten oder Angst hätten, zu Verlierern zu werden, sagte Schad. Bei ihrem Einsatz für Flüchtlinge vergesse die Kirche daher nicht andere Menschen in prekären Situationen. Es müsse verhindert werden, dass Schwache gegen Schwache ausgespielt werden. Ängste sollten offen artikuliert werden, sagte Schad. Dabei lehne er jedoch die Instrumentalisierung von Flüchtlingen ab. Entscheidend für die christliche Werteordnung sei der Respekt vor der gleichen Würde jedes Menschen. epd

Synode will alle Paare gleichstellen

Zum Abschluss ihrer Tagung in Bad Dürkheim hat die pfälzische Landessynode mit großer Mehrheit den Landeskirchenrat beauftragt, die gottesdienstliche Begleitung für Menschen in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft der Trauung kirchenrechtlich gleichzustellen. Diese Begleitung gleichgeschlechtlicher Paare würde so zu einer kirchlichen Amtshandlung, die in die Kirchenbücher eingetragen wird. Dazu muss die Kirchenbuchordnung der Landeskirche geändert werden.

Die gottesdienstliche Begleitung würde dadurch zwar der Trauung gleichgestellt, aber nicht so genannt. Die Synode war sich einig, dass ein Pfarrer diese Amtshandlung nicht gegen sein Gewissen vornehmen muss. Auch kann die gottesdienstliche Begleitung in einer Kirchengemeinde nicht gegen den Willen des Presbyteriums stattfinden. Zuvor hat die Synode Oberkirchenrat Michael Gärtner zum Stellvertreter von Kirchenpräsident Christian Schad gewählt. Der 61-Jährige hatte keinen Gegenkandidaten und erhielt 54 von 66 Stimmen. Neun Synodale stimmten mit Nein, drei enthielten sich. Gärtner ist als Stellvertreter Nachfolger von Oberkirchenrat Gottfried Müller.

Die Landeskirche will ihr Klimaschutzkonzept vorerst bis zum Jahr 2020 fortführen. Bis dahin sollten 40 Prozent des Kohlendioxidausstoßes der Kirche im Vergleich zum Jahr 2005 eingespart werden, sagte Gärtner vor der Synode. Mit dem Klimaschutzkonzept sei die Landeskirche Teil einer weltweiten Bewegung. Die Menschen in den wohlhabenden Ländern lebten auf Kosten der Armen. Durch den Klimawandel verödeten weltweit ganze Landstriche und Inseln würden überschwemmt. Daher sei Umweltschutz eine Frage der Gerechtigkeit. epd

Einsparungen angekündigt

Oberkirchenrätin Kessel rechnet mit Defizit von zehn Millionen Euro

Die Evangelische Kirche der Pfalz steht in den nächsten Jahren vor weiteren Einsparungen. Ohne ein neues Konsolidierungsprogramm werde der landeskirchliche Haushalt im Jahr 2022 ein strukturelles Defizit von deutlich mehr als zehn Millionen Euro haben, sagte die für die Finanzen zuständige Oberkirchenrätin Karin Kessel.

Die Kirchensteuereinnahmen hingen wesentlich von der wirtschaftlichen Lage in Deutschland ab, sagte Kessel. Die derzeit gute Lage habe dazu geführt, dass im vergangenen Jahr 120 Millionen Euro an Kirchensteuern eingenommen worden seien. Auch für das Jahr 2016 seien die Aussichten gut. Allerdings verliefen die Kirchensteuereinnahmen immer in Wellenbewegungen. So seien die Einnahmen hieraus von 1995 bis 2015 lediglich um 4,4 Prozent gestiegen, während der Verbraucherpreisindex in diesem Zeitraum um 32 Prozent gewachsen sei. Die Prognose gehe davon aus, dass die Personalkosten der Landeskirche von 89 Millionen Euro im Jahr 2015 auf 106 Millionen Euro im Jahr 2022 steigen, sagte Kessel. Eine große finanzielle Belastung für die Landeskirche seien auch die Kosten für die Kindertagesstätten. Im Jahr 2015 wurden hierfür 10,3 Millionen Euro ausgegeben. Für das Jahr 2022 rechnet die Landeskirche mit 12,6 Millionen Euro. Deshalb sei es dringend notwendig, mit der neuen Landesregierung eine finanzielle Entlastung bei den Kindertagesstätten zu verhandeln, sagte Kessel. epd

Zukunft weiterhin ungewiss

Landesverein will über Zweibrücker Krankenhaus im Juni entscheiden

Eine Entscheidung über die Zukunft des Evangelischen Krankenhauses Zweibrücken soll am 20. Juni fallen. Derzeit werde in zwei Richtungen verhandelt, sagte Oberkirchenrat Manfred Sutter vor der Synode.

Geprüft werde, ob eine Verbundlösung mit dem katholischen Nardinikrankenhaus in Zweibrücken möglich ist. Zum anderen sei der Landesverein für Innere Mission als Träger des Krankenhauses mit mehreren Investoren im Gespräch. Am 20. Juni soll der Verwaltungsrat des Landesvereins entscheiden. Eine Lösung mit dem Nardinikrankenhaus würde vor allem die Eingliederung der Abteilung für Innere Medizin in den neuen Verbund bedeuten, sagte Sutter. Im Evangelischen Krankenhaus seien derzeit etwa 60 bis 70 Betten in der Inneren Medizin belegt und 95 Menschen beschäftigt. Das Land begleite diesen Prozess und habe aus dem Strukturfonds acht Millionen Euro für das Jahr 2016 in Aussicht gestellt. Ziel sei ein ökumenisch verantwortetes Krankenhaus, sagte Sutter. Das Gebäude würde in diesem Fall noch drei Jahre genutzt.

Der Landesverein werde alles versuchen, sowohl bei der Verbundlösung als auch beim Einstieg eines Investors möglichst viele Mitarbeiter zu übernehmen, sagte Sutter, der Vorsitzender des Verwaltungsrats des Landesvereins ist. Entweder sollen die Mitarbeiter vom neuen Träger übernommen werden oder in anderen Einrichtungen des Landesvereins unterkommen.epd

Präsident warnt vor Unterwanderung

Der Synodalpräsident Hermann Lorenz hat vor der Unterwanderung der Kirche durch Mitglieder nationalistischer Parteien gewarnt. Schon jetzt forderten führende Vertreter der AfD die Mitglieder ihrer Partei auf, sich um Ämter innerhalb der Kirche zu bemühen, sagte Lorenz zum Auftakt der Frühjahrstagung in Bad Dürkheim. Die Kirche dürfe nicht schweigen, wenn Mitglieder nationalistischer Parteien in den Presbyterien auftauchten. Er habe große Sorge, dass die Kirche keine Instrumente habe, dafür zu sorgen, dass kein anderes Evangelium verkündet werde als das in der Bibel überlieferte, sagte Lorenz. Deshalb bitte er, sich ernsthaft Gedanken darüber zu machen, wie sich die Kirche schützen könne. epd

Die EKD darf künftig Kirche sein

Nach dem Willen der Synode darf die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) künftig selbst Kirche sein. Bei fünf Neinstimmen und fünf Enthaltungen hat sie einer Änderung der Grundordnung des Kirchenverbunds zugestimmt. Darin wird die EKD als Gemeinschaft der 20 lutherischen, reformierten und unierten Landeskirchen erstmals seit ihrer Gründung im Jahr 1945 als Kirche bezeichnet. Mit dieser Ergänzung fänden die Debatten über den Kirchenstatus der EKD ein Ende, erklärte Oberkirchenrätin Kessel. Die Ergänzung der Grundordnung ändere nichts an der Kompetenzverteilung zwischen den Landeskirchen und der EKD. Der Änderung der Grundordnung müssen alle Landeskirchen zustimmen. epd

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