Wie ein Reichstag in Speyer Weltgeschichte schreibt

Theatergruppe der Dreifaltigkeitskirchengemeinde führt vom 22. bis 24. April Historical über die Protestation auf – Autor ist Ralph Gölzer

Gehören zu den Hauptdarstellern des geplanten Historienspiels auf dem Rasengelände vor der Retscherruine in Speyer (von links): Annkathrin Stever, Kathrin Kirsch, Dieter Dreißigacker, Ralph Gölzer und Reinhard Arnold. Foto: Landry

Eine Kirchengemeinde in Speyer erinnert kreativ und unterhaltsam daran, wie am 19. April 1529 in Speyer Weltgeschichte geschrieben wurde. Den geschichtsträchtigen Reichstag zu Speyer macht die Dreifaltigkeitskirchengemeinde in Speyer jetzt wieder lebendig. Am Wochenende des 22. bis 24. April führt sie ein Historienspiel über die Geburt des Protestantismus auf. „Verraten und verkauft“ heißt das Theaterstück von Pfarrer Ralph Gölzer, das Hintergründe der Protestation von sechs Fürsten und 14 Reichsstädten während des Reichstags beleuchtet. Der Autor, Ehemann von Gemeindepfarrerin Christine Gölzer, kündigte das Programm des Wochenendes mit den Worten an: „Die Reformationsgeschichte der Protestanten ist ohne Speyer undenkbar, unser Historienspiel ist der Speyerer Beitrag zum Reformationsjubiläum 2017.“ Aufgeführt wird das Theaterstück dreimal unter freiem Himmel auf einem Rasengelände an der historischen Retscherruine hinter der Dreifaltigkeitskirche.

Der Mittelaltermarkt-Veranstalter Wine­land-Games, die Stadt Speyer und ihr Kinder- und Jugendtheater sind Mitveranstalter des Historien-Wochenendes, zu dem auch ein Mittelaltermarkt mit Lagerleben gehört. Das bunte Treiben samt Livemusik auf historischen Instrumenten und Gaukelei ist auf dem Gelände rund um Dreifaltigkeitskirche und Geschirrplätzel sowie im unteren Domgarten angesiedelt. Dazu gehören 50 Händler und 25 Lagergruppen.

In dem Theaterstück spielen 14 Frauen, Männer und Jugendliche mit, die nach Angaben von Ralph Gölzer mehrheitlich Mitglieder der Kirchengemeinde sind. Die Jüngste von ihnen ist die Präparandin Annkathrin Stever. „Ich spiele eine Stubenmagd im Gasthaus zum Goldenen Lamm und überbringe eine wichtige Nachricht. Aber mehr sag' ich nicht, damit es spannend bleibt“, verrät sie. Ihr Kostüm, ein senfgelbes langes Kleid, hat sie aus dem Fundus des Kinder- und Jugendtheaters. Auf anderem Weg kam Melanchthon-Darsteller Reinhard Arnold an seinen schmucken Talar. „Ich habe das Pfarrerehepaar Gölzer darum gebeten, sie konnten für kurze Zeit ein Exemplar entbehren“, sagt der schlanke und hochgewachsene Mann, der im richtigen Leben als Verwaltungsangestellter bei der Landwirtschaftlichen Untersuchungs- und Forschungsanstalt in Speyer arbeitet. Ergotherapeut Dieter Dreißigacker darf sich in gleich zwei Rollen austoben. „Ich spiele den Zecher Franziskus und den Ratsherrn Linhardt“, stellt sich der 62-Jährige vor.

Auch Autor Ralph Gölzer spielt mit. Er schlüpft in die Rolle des Protokollchefs des Reichstags. „Ich bin der Protocollarius und führe die Zuschauer sozusagen durch das Stück.“ Gölzer ist seit Jahren nicht nur passionierter Teilnehmer von Mittelaltermärkten, zu denen er stets gewandet erscheint. Seit 15 Jahren forscht er auch in Archiven über die Reformationsgeschichte. „Die Reichstagsakten wurden geradezu akribisch geführt. Da steht zum Beispiel sogar drin, wer Brandschutzbeauftragter war und welche Lebensmittel zu welchem Preis für die Verköstigung der Gäste eingekauft wurden“, sagt er mit einem Schmunzeln in der Stimme.

Das Historienspiel „Verraten und verkauft“ wird am Freitag, 22. April, um 19 Uhr, am Samstag, 23. April um 13 Uhr und am Sonntag, 24. April, um 15.30 Uhr im sogenannten Paradiesgarten hinter dem Johannes-Becher-Haus neben der Dreifaltigkeitskirche aufgeführt. Erwachsene zahlen fünf Euro Eintritt pro Tag, Familien zehn Euro und Kinder unterhalb des Schwertmaßes haben freien Eintritt. dob

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