Wenn Angst die weihnachtliche Stimmung trübt

Christliche Flüchtlinge sorgen sich vor Angriffen radikaler Muslime – Koptischer Pfarrer Danial: Die Verständigung mit Muslimen ist schwer

Zu Besuch in Speyer: Pfarrer Danial (Zweiter von links) und seine Frau im Gespräch mit der Flüchtlingsfamilie Shenouda. Foto: Landry

Den Shenoudas ist gar nicht wohl mit Blick auf das kommende Weihnachtsfest. „Wir haben Angst“, sagt Familienvater Ibrahim und schaut mit ernster Miene auf die Kerzenlichter auf dem Wohnzimmertisch. Seit zwei Jahren lebt die fünfköpfige ägyptische Flüchtlingsfamilie in Speyer, doch kommt in diesem Jahr nicht so recht weihnachtliche Stimmung auf. Über die Festtage oder Silvester könnte es zu einer Attacke von islamistischen Terroristen in Deutschland kommen, die sich unter die Flüchtlinge gemischt haben, befürchten die koptischen Christen.

Pastor Danial Danial nickt. Viele arabischsprachige Christen seien sehr besorgt über den Zustrom von vor allem muslimischen Flüchtlingen. Diese seien sehr häufig radikalisiert und von einem tiefen Christenhass geprägt, erzählt der 50-jährige Pfarrer der evangelisch-koptischen Kirche in Ägypten, der in Eisenberg wohnt. Gemeinsam mit seiner Frau Kenous Shammas, einer Syrerin, besucht er an diesem Abend die Familie Shenouda: Man tauscht sich in Gesprächen aus, betet und isst gemeinsam.

Pastor Danial soll im Auftrag der Evangelischen Kirche der Pfalz ein Brückenbauer sein zwischen der evangelisch-arabischsprachigen Gemeinde in Ludwigshafen zu pfälzischen Kirchengemeinden. Rund 150 Christen vor allem aus Ägypten, Syrien und dem Irak leben in der Pfalz und der Kurpfalz. Danial feiert mit ihnen Gottesdienste, betreut die Familien und wird dabei von seiner Frau Kenous unterstützt.

Der seit 15 Jahren in Deutschland lebende Pastor soll bei dem auf drei Jahre angelegten Projekt auch den Kontakt zu Muslimen verbessern. Getragen wird es von der Landeskirche und dem Evangelischen Gemeinschaftsverband Pfalz, bei dem Danial angestellt ist. Pfälzischen und arabischsprachigen Christen werde es trotz Anlaufproblemen gelingen, zusammenzuwachsen, „ein Herz zu werden“, gibt er sich zuversichtlich. Doch Brücken zu bauen zu muslimischen Flüchtlingen sei äußerst schwierig, beklagt der ägyptische Pfarrer.

„Ich liebe Muslime“, beteuert Danial. Aber das Ziel, ein friedfertiges Zusammenleben von Christen und Muslimen in Deutschland zu erreichen, sei kaum möglich – trotz aller Hilfen, die die Bevölkerung den Flüchtlingen leiste. Zu unterschiedlich seien die Kulturen, die zusammenkämen.

Christen aus den arabischen Ländern brächten ihre negativen Erfahrungen mit der muslimischen Mehrheitsreligion und ihren radikalen Vertretern mit, wenn sie nach Deutschland kommen, sagt Arne Dembek. Der Pfarrer aus Kandel ist Beauftragter der Landeskirche für Christen anderer Sprache und Herkunft. „Ihr Wunsch nach Abgrenzung ist daher groß und das Verständnis für einen friedlichen Dialog von Christen und Muslimen, wie wir ihn in Deutschland pflegen, oft gering.“ Eine Aufgabe von Kirchengemeinden sei es, ihnen die Formen des interreligiösen Miteinanders im Land verständlich zu machen.

Die Situation der christlichen Minderheit in Ägypten sei aufgrund von Verfolgungen unerträglich geworden, erzählen der 46-jährige Ibrahim Shenouda und seine vier Jahre jüngere Frau Izmal. Auch in Deutschland fühlt sich die Flüchtlingsfamilie vor Übergriffen von radikalen Muslimen nicht wirklich sicher. Drohanrufe hätten sie bereits bekommen, sagt Ibrahim, der als Hausmeistergehilfe im katholischen St.-Magdalena-Dominikanerinnen-Kloster in Speyer arbeitet.

Ein früherer muslimischer Mitschüler habe ihr den Tod gewünscht, als er herausfand, dass sie eine Christin sei, berichtet seine Tochter Sara. Die 21-Jährige leistet ein Freiwilliges Soziales Jahr bei den Maltesern und will später Medizin studieren. Mit Unbehagen blickt Pfarrersfrau Kenous Shammas auf den weihnachtlichen Glitzer und Kommerz in den Städten. Weihnachtsmärkte und Einkaufszentren mit Geschenken kaufenden Menschen seien ideale terroristische Anschlagsziele, sagt die seit 26 Jahren in Deutschland lebende Syrerin und rät zu großer Vorsicht. „Wir sind keine Rassisten“, sagt sie. „Aber wir haben Angst um dieses Land, und dass es hier genauso werden könnte wie in unseren Heimatländern.“ Alexander Lang

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