Streit um den Einbau des Leininger Kanzelaltars

Presbyterium in Bad Dürkheim und Altargegner geraten aneinander – Beschluss über neues Gestaltungskonzept der Kirche auf 2017 vertagt

Haben bisher 495 Unterschriften gegen den Einbau des Kanzelaltars gesammelt: Die Ruhestandspfarrer Gerhard Eckstein (links) und Wilhelm Resch. Foto: Franck

In der Kirchengemeinde Bad Dürkheim hat sich die Diskussion um den Wiedereinbau des Leininger Kanzelaltars im Chor- und Altarraum der Schlosskirche zu einem handfesten Streit entwickelt. Das Presbyterium und Befürworter des Einbaus stehen Gegnern gegenüber, die den Chorraum frei von dem Altar halten wollen – vor allem für kirchenmusikalische Anlässe.

Der Barockaltar mit Kanzel und Paradiesgärtchen hatte von 1729 bis 1978 im Altar- und Chorraum der Schlosskirche gestanden. Im Zuge eines neuen Gemeindekonzepts wurde er im Januar 1978 abgebaut mit dem Ziel, ihn in einem Museum auszustellen. Zerlegt lagerte er bis 2012 in Speyer auf dem Dachboden eines Wirtschaftsgebäudes der Diakonissen Speyer-Mannheim. Dort war er schlicht vergessen worden. Nach einem Telefonanruf der Diakonissen in Bad Dürkheim holte ein Team von Ehrenamtlichen den Altar im Frühjahr 2012 zurück nach Bad Dürkheim.

Das Presbyterium fasste im August dieses Jahres einstimmig den Beschluss, ihn restaurieren zu lassen und an den ursprünglichen Standort im Altar- und Chorraum der Schlosskirche zu bringen. Als Eigentümerin des Kanzel­al­tars und Körperschaft des öffentlichen Rechts habe die Kirchengemeinde Bad Dürkheim eine denkmalpflegerische Pflicht für das Kunstwerk, erklärte Dekanin Ulla Hoffmann im Gemeindebrief „Antenne“ vom Oktober. „Insofern ist die Restaurierung des Kanzelaltars keine Frage nach dem Geschmack Einzelner, sondern bedarf einer kunsthistorisch qualifizierten und rechtlich adäquaten Entscheidung“, schrieb sie. Die Finanzierung sei gesichert, sie geschehe durch Zuschüsse und Spenden.

Die Altargegner um die beiden Ruhestandspfarrer Wilhelm Resch und Gerhard Eckstein haben inzwischen 495 Unterschriften für ihr Anliegen gesammelt. Sie argumentieren, laut Paragraf 23 des Denkmalpflegegesetzes habe die „Denkmalfachbehörde auf die kultischen und seelsorgerischen Belange der Kirchen und Religionsgemeinschaften vorrangig Rücksicht zu nehmen“. Die Kirchenmusik sei eine Form der Verkündigung, gibt Resch zu bedenken. Der Altar- und Chorraum müsse frei von dem etwa sechs mal sechs Meter ausfüllenden Altar bleiben, damit sich möglichst viele Gemeindemitglieder an der Verkündigung beteiligen könnten – eben auch in musikalischer Form mit Chor und Orchester.

Während eines Informationsabends über den Altar am 7. November in der Schlosskirche, zu dem die Kirchengemeinde eingeladen hatte, eskalierte die Veranstaltung zum Schlagabtausch. Gegner unterbrachen Georg Peter Karn, Gebietsreferent der Landesdenkmalpflege, mehrfach während seines Referats mit Unmutsbekundungen. Buhrufe erntete er, als er sagte, die Kirche werde mit dem Altar zum „attraktiven Veranstaltungsort“ und darauf hinwies, Chöre würden sich immer erfolgreich mit den Gegebenheiten arrangieren. Nach einem weiteren Vortrag von Restauratorin Esther Nickel ließ Dekanin Ulla Hoffmann nur Informationsfragen der Besucher zu. Als die Gegner eine Diskussion forderten, verwies die Dekanin auf das kommende Jahr. Die Kirchengemeinde wolle ein Gestaltungskonzept der Schlosskirche erarbeiten, bei dem Professor Thomas Erne helfe. Darin werde die Kirchenmusik berücksichtigt, so Hoffmann. Karn zitierte Erne, der gesagt habe, dass die Kirchenmusik von dem Konzept profitiere. Wie der Presbyteriumsvorsitzende Reinhart Zobel dem KIRCHENBOTEN sagte, umfasst das Gestaltungskonzept auch die Bestuhlung, Beleuchtung und den Farbanstrich.

Dass Kritiker ihre Argumente gegen den Einbau des Kanzelaltars bislang nicht öffentlich kundtun konnten, beklagt Ruhestandspfarrer Gerhard Eckstein. Der Theologe, der von 1993 bis 2002 Pfarrer der Kirchengemeinde Bad Dürkheim war, schrieb Anfang November einen Brief an jeden der 18 Presbyterinnen und Presbyter. Darin bittet er sie, den Entschluss für den Altaraufbau zu überdenken. „Ich habe bis heute keine Antwort“, sagte er.

Das Gremium habe sich in der bisherigen Debatte „beleidigt und bedroht“ gefühlt, erklärte Reinhart Zobel. In seiner Sitzung Mitte November habe das Presbyterium beschlossen, die Neugestaltung der Kirche auf 2017 zu verschieben. Die Kontrahenten, Kirchenmusikdirektor Jürgen E. Müller und Dekanin Ulla Hoffmann, gingen dann in den Ruhestand. Doch würden Gemeinde und Kritiker am Konzept beteiligt. dob

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