Metallene Tonstäbe erzeugen himmlische Musik

„Chimebell“-Ensemble aus Kaiserslautern will bei Zuhörern Gänsehaut verursachen – Instrumente haben sich aus Handglocken entwickelt

Probt mit großer Leidenschaft: Das „Chimebell“-Ensemble mit seiner musikalischen Leiterin Jaemi Sitzmann (ganz links). Foto: view

Klangvolle Harmonien schweben durch die Räume der Kaiserslauterer Friedenskirche. Klänge, die ungeschulte Ohren nicht zweifelsfrei einem bestimmten Instrument zuordnen können. Xylophon, Kirchengeläut? Dafür ist der Klang zu fein. Es handelt sich um sogenannte „Choirchimes“, zu Deutsch Chorglockenspiel oder Chorglöckchen. Das sind rechteckige, stabförmige Klangkörper aus Metall, an deren Außenseite ein Klöppel angebracht ist. Bewegt der Instrumentalist das Gerät mit einer speziellen Armbewegung nach vorne, erzeugt das Auftreffen des Klöppels einen einzelnen schwingenden Ton.

Elf Frauen und Männer unterschiedlichen Alters haben sich an einem Montagabend im Gotteshaus der Friedenskirchengemeinde eingefunden, um gemeinsam mit diesen wundersamen Instrumenten zu proben. Unter der Leitung von Jaemi Sitzmann übt das „Chimebell“-Ensemble für seinen nächsten Auftritt, der am 13. Dezember in der städtischen Fruchthalle stattfindet. Heute ist das bekannte Weihnachtslied „I’m dreaming of a white Christmas“ an der Reihe.

Beim ersten Durchgang klingt der bekannte Ohrwurm noch etwas unsicher. Jaemi Sitzmann unterbricht und korrigiert geduldig die kleinen Fehler ihrer Truppe. „Denkt immer an eure Arme; bewegt sie wie eine Lokomotive“, veranschaulicht die Profimusikerin. Mit viel Elan führt die gebürtige Koreanerin die Gruppe durch das Lied, sodass es beim nächsten Anlauf schon deutlich besser klappt. Einzelne Töne vermischen sich nun zu einem homogenen Klang.

Jaemi Sitzmann hat ihre Idee für das „Chimebell“-Ensemble aus Korea mitgebracht. Während ihres Musikstudiums in den 1970er Jahren hat ihr damaliger Professor für Chorleitung die klingenden Stäbe aus Amerika mit seinen Studenten ausprobiert. Die „Chimes“-Instrumente hätten sich aus Handglocken entwickelt, seien aber in der Anschaffung deutlich günstiger. Ein 49-teiliges Set koste rund 3000 Euro, ein Handglockenset mit gleichem Tonumfang im Vergleich 14 000 Euro. Zudem klängen die „Choirchimes“ deutlich weicher und klarer, berichtet Sitzmann.

2013 hat die 63-Jährige zur Einführung der neuen Friedenskirchenpfarrerin Dorothea Helfrich einen Überraschungsauftritt mit den neuen Instrumenten initiiert. Seitdem musiziert das Ensemble jeden Montagabend von 18.30 bis 20 Uhr miteinander. „Jeder Einzelne hat mit seinen Tönen eine Verantwortung für die gesamte Gruppe; nur zusammen sind wir stark“, sagt Sitzmann. Jeder Mitspieler ist für zwei bis drei der Tonstäbe zuständig. Die Musiker stehen vor einem Tisch, auf dem sie die Instrumente ablegen, die sie gerade nicht verwenden. Der Wechsel muss oft sehr schnell gehen. „Die Technik kann man zu Hause zum Beispiel mit dem Kochlöffel üben“, sagt Sitzmann. Musikalische Vorkenntnisse seien nicht unbedingt erforderlich – nur Zählen müssten alle können.

„Ich hatte vor den ,Chimes‘ noch nie ein Instrument gespielt“, berichtet Johanna Rech. „Ich habe erst bei den ,Chimebells‘ begriffen, dass ich tatsächlich Musik machen kann, auch ohne Noten lesen zu können“, erzählt sie. Das bestätigen auch Steffi und Emil Schiek, die seit der Ensemblegründung mit von der Partie sind. „Wir klingen wie ein Orchester“, ist die Presbyterin, die sich seit zwölf Jahren für die Friedenskirchengemeinde engagiert, überzeugt. Ihr Schwiegervater Emil, das mit 79 Jahren älteste Ensemblemitglied, pflichtet ihr bei: „Die klangliche Reinheit des Spiels macht das Zuhören zu einem besonderen Genuss.“

Es sei vor allem wichtig, den Inhalt eines Lieds mit voller Überzeugung ins Publikum zu transportieren, sagt Jaemi Sitzmann. „Und wegen der himmlischen Töne, die die Tonstäbe produzieren, passt diese Musik perfekt in eine Kirche“, meint die Mutter dreier Kinder, die auch im Presbyterium der Gemeinde aktiv ist. Daher würden hauptsächlich spirituelle Lieder einstudiert. Doch für größere Konzerte fänden auch weltliche Lieder den Weg ins Programm. Neue Mitspieler seien immer willkommen. Das Ziel der bunt gemischten Truppe ist ganz klar: gemeinsam mit viel Freude musizieren und bei den Zuhörern eine gehörige Portion Gänsehaut verursachen. Charlotte Lisador

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