Pfarrhäuser zu Wohnheimen

Schorlemmer erwartet mehr Engagement der Kirchen für Flüchtlinge

Sprachen über „Friedliche Revolution und fremde Heimat“: KIRCHENBOTEN-Chefredakteur Hartmut Metzger (rechts) und Friedrich Schorlemmer. Foto: VAN

Die beiden großen Kirchen sollten in der Gesellschaft deutlicher gemeinsam Position beziehen. Das hat der Wittenberger Pfarrer und Bürgerrechtler Friedrich Schorlemmer gefordert. „Wenn es um Frieden, Ökologie und Gerechtigkeit geht, müssen wir ökumenisch die Stimme erheben“, sagte er auf der Landesgartenschau in Landau. Schorlemmer war Gast der KIRCHENBOTEN-Reihe „Blühende Landschaften“ im Kirchenpavillon.

Zur aktuellen Flüchtlingsdebatte fand Schorlemmer klare Worte: Deutschland sei auf die Menge der Flüchtlinge logistisch nicht vorbereitet. „Es braucht eine europäische Lösung“, sagte er. Vom Staat fordert der 71-Jährige ein Einwanderungsgesetz: „Damit die Menschen vom Westbalkan, die hier kein Asylrecht in Anspruch nehmen können, einen Weg nach Deutschland haben.“ Von den Kirchen erwartet der Theologe, dass sie ihre leerstehenden Pfarr- und Gemeindehäuser als Unterkünfte für Flüchtlinge öffnen. Von den Bürgern wünscht Schorlemmer sich Empathie für die, die nach Deutschland kommen.

Einen Grund für die Fremdenfeindlichkeit in den neuen Bundesländern sieht Schorlemmer darin, dass es vielerorts nicht gelungen sei, Firmen anzusiedeln und Arbeitsplätze zu schaffen. Die Zurückbleibenden hätten oft nur noch wenig Hoffnung auf Besserung ihrer wirtschaftlichen Situation: „Dann gibt es auch kein Willkommensklima für Zuwanderer.“

In der friedlichen Revolution von 1989 in der DDR sieht Schorlemmer immer noch ein Wunder. „Der Staat erwartete Gewalt bei den Demonstrationen und traf auf Gebete und Kerzen“, sagte der Bürgerrechtler. Das Ziel der Demonstranten im Herbst 1989 sei allerdings nicht die Einheit gewesen, sondern eine Demokratisierung der DDR, betonte Schorlemmer. Die Gesprächsreihe „Blühende Landschaften“ wird am 17. September, 14 Uhr, fortgesetzt. Zu Gast ist der frühere Kirchheimbolandener Dekan Thomas Vieweg, der von 2012 bis 2015 als Probst in der russischen Enklave Kaliningrad wirkte. jok

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